Der Kriton (altgriechisch Κρίτων Krítōn) ist ein in Dialogform verfasstes Werk des griechischen Philosophen Platon. Den Inhalt bildet ein fiktives, literarisch gestaltetes Gespräch. Platons Lehrer Sokrates diskutiert mit seinem Freund und Schüler Kriton, nach dem der Dialog benannt ist.
Sokrates ist wegen Asebie (Gottlosigkeit) und Verführung der Jugend zum Tode verurteilt worden. Er befindet sich im Gefängnis, wo er auf seine bald bevorstehende Hinrichtung wartet. Kriton besucht ihn, um ihn zur Flucht zu bewegen. Sokrates lehnt jedoch den Vorschlag ab. Er erläutert seine Entscheidung ausführlich. Sie beruht auf den philosophischen Grundsätzen, zu denen er sich bekennt: Konventionelle Ansichten sind belanglos, maßgeblich ist nur die Vernunft, die Richtschnur hat unter allen Umständen die Gerechtigkeit zu sein. Man darf Unrecht nicht mit Unrecht vergelten und generell nichts Schlechtes tun; Verpflichtungen sind einzuhalten. Diese Prinzipien sind wichtiger als die Rettung des Lebens. Auch einem ungerechten Gerichtsurteil darf sich ein Bürger nicht entziehen, da er sonst die Gültigkeit der Gesetze und damit die Grundlage des geordneten Zusammenlebens im Staat verneinen würde, was ein Unrecht wäre. Es wäre ein Verstoß gegen die Loyalitätspflicht des Bürgers gegenüber der staatlichen Gemeinschaft. Kriton kann auf die Argumente des Sokrates nichts erwidern.
In der altertumswissenschaftlichen Forschung, aber auch in modernen philosophischen Debatten wird der im Kriton thematisierte unbedingte Gesetzesgehorsam kontrovers diskutiert. Im philosophischen Diskurs geht es dabei um den Gewissenskonflikt, der entsteht, wenn eine gültige Rechtsnorm zu einem Verhalten zwingt, das aus der Sicht eines Betroffenen ein offenkundiges schweres Unrecht darstellt. In der philosophiegeschichtlichen Forschung wird die Frage, ob der Kriton als Plädoyer für bedingungslosen Gehorsam zu verstehen ist, unterschiedlich beantwortet; „autoritäre“ Deutungsmodelle konkurrieren mit „liberalen“. Über die Stichhaltigkeit der Argumentation im Dialog gehen die Meinungen auseinander.