Die Urgeschichte Italiens umfasst den gesamten Zeitraum von den ältesten menschlichen Spuren bis zum Einsetzen einer breiteren schriftlichen Überlieferung. Daher unterscheidet sie sich von der auf der Grundlage von Schriftquellen verfassten Geschichte Italiens sowohl in der Beschaffenheit ihres Ausgangsmaterials, dementsprechend ihrer Methodik, als auch darin, welche Fragen sinnvoll gestellt werden können. Zwar setzt schon vor dem Ende der Urgeschichte Italiens eine schriftliche Überlieferung ein, und andererseits befasst sich die Wissenschaft, die sich vorrangig mit dieser langen Phase beschäftigt, die Archäologie, auch mit späteren Zeiten, doch hat sich für Italien die Zeit um 500 v. Chr. als ungefähre Grenze zwischen Urgeschichte und Geschichte etabliert.
Die ältesten menschlichen Spuren in Italien reichen etwa 1,3 bis 1,7 Millionen Jahre zurück und sind damit, nach denjenigen von Dmanisi (Georgien, 1,85 Millionen Jahre) und Korolewo (West-Ukraine, 1,42 Millionen Jahre), die ältesten Europas. Sie fanden sich an der Fundstätte Pirro Nord im Norden Apuliens und konnten 2009 datiert werden. Spuren der Neandertaler und der modernen Menschen ergänzen die inzwischen zahlreicher gewordenen älteren Funde, so dass, zumindest in der südlichen Landeshälfte, von einer kontinuierlichen Besiedlung seit über 700.000 Jahren ausgegangen wird. Als ertragreichste archäologische Fundstätte erwies sich Isernia la Pineta in Molise, da die dortigen Funde umfangreiche Aussagen zu Ernährungs- und Lebensweise ermöglichten.
Spätestens im Mittelpaläolithikum lebten in allen Ökoregionen Italiens Menschen, abgesehen von den wohl noch nicht erreichbaren großen Inseln Sardinien und Sizilien. Mit dem Neandertaler trat die Großwildjagd in den Vordergrund, was vor allem zu den kalten und trockenen Phasen der letzten Kaltzeit passte. Der etwa 130.000 Jahre alte Mann von Altamura ist der älteste erhaltene Leichnam der Apenninhalbinsel. Erneut änderten sich mit dem Jungpaläolithikum die Techniken der Steinbearbeitung, es tauchen Hinweise auf Körperschmuck und -bemalung auf. Spätestens vor 45.000 bis 43.000 Jahren lebten Cro-Magnon-Menschen neben den Neandertalern in Italien, wie man seit 2011 anhand zweier Zähne belegen konnte. Sie sind der bisher älteste Beleg. Kunstwerke, wie etwa Höhlenmalereien, blieben allerdings sehr selten, sieht man von einigen Petroglyphenfunden ab.
Ab dem späten 7. Jahrtausend v. Chr. ist die bäuerliche Lebensweise mit Dörfern, Landbebauung und der Domestizierung von Tieren im Süden, zuerst in Apulien belegbar. Die größte Siedlungsdichte bestand in der Tavoliere-Ebene mit ihren mehr als 500 mit Gräben bewehrten Siedlungen, mit dem Höhepunkt um 5600 v. Chr., die aber um 5000 v. Chr. aufgegeben wurden. Der Zeitpunkt der ersten Besiedlung der Inseln ist umstritten. Die Zahl der Funde, die diesen älteren bäuerlichen Kulturen zugerechnet werden können, nimmt zu. So sind aus dieser Epoche mehr als 100 Grabstätten mit mehr als 400 Leichnamen bekannt. In Norditalien lassen sich als Nachfolger der letzten mesolithischen Kultur, der Castelnovien-Kultur (6600–5600 v. Chr.), die frühneolithische Kulturen, wie die Vhò-Kultur, die Fiorano-, die Gaban- und die „Civate-Gruppe“ (Nekropole von Manerba del Garda) fassen. Noch fehlen jegliche Anzeichen einer Hierarchisierung der Gesellschaft, jedoch lässt sich extensiver Fernhandel mit Obsidian nachweisen und ein Ahnenkult wahrscheinlich machen.
Ab dem 3. Jahrtausend entstand eine Gesellschaft, deren Hierarchisierung auf der Anhäufung von Prestige und Reichtum beruhte, wie sich an den Grabstätten zeigen ließ.[1] In Saint-Martin-de-Corléans, auf Sardinien und Sizilien sowie in Apulien entstanden Megalithanlagen. Zunächst wurde Kupfer zum kennzeichnenden Werkstoff, dann Bronze. Im Norden lebte der „Ötzi“, der ein Kupferbeil bei sich trug.
Während der um 2300 v. Chr. einsetzenden Bronzezeit entstanden proto-urbane Strukturen und Fernhandelsnetze. Süditalien unterhielt kulturelle Kontakte nach Griechenland. Megalithanlagen entstanden auf dem Festland nur in Apulien und im äußersten Nordwesten, doch entstanden Monumentalbauten auf Sardinien, Pfahlbauten und befestigte Dörfer an den Gewässern des Nordens, insbesondere um den Gardasee.
Die Eisen- oder schon die späte Bronzezeit gilt als Formierungsphase der Stämme, die in den Quellen erscheinen, und die auf Völkerbewegungen auf dem Kontinent zurückgehen, in deren Verlauf indoeuropäische Gruppen Italien erreichten. Bei einigen, wie den Etruskern, ist die Herkunft jedoch unklar. Es entstanden fürstlich-aristokratische Führungsschichten, wobei in der Toskana eine Hierarchie der Zentren erkennbar wird. Dort sowie in Latium und Kampanien entstanden Städte; die griechischen Stadtstaaten expandierten im Süden und auf Sizilien. Im Norden kam es durch Kelten, im Süden durch Osker und Umbrer erneut zu Völkerbewegungen größeren Ausmaßes. Ab dem 8. Jahrhundert schufen die Etrusker eine komplexe Kultur, die auf Rom und damit auf das spätere Europa einwirkte.