Als Vernakularsprache oder Vernakulärsprache (lateinisch vernaculus einheimisch, selbst erfunden) bezeichnet die Sprachwissenschaft jede nicht standardisierte Sprachvarietät innerhalb eines Sprachgebiets. Es gibt Vernakularsprachen, die kein beziehungsweise kein deutlich ausgeprägtes schriftliches Korpus besitzen, die also vorwiegend mündlich gebraucht werden. Davon zu unterscheiden sind Vernakularsprachen, die über Texte verfügen, wobei diese unterschiedliche regionale Färbungen haben und über keine einheitlichen grammatikalischen Regeln verfügen. Ein dritter Typus ist bereits so weit von seiner Standardsprache (auch Hochsprache genannt) entfernt, räumlich oder zeitlich, dass die Sprecher die ursprünglichen Regeln nicht mehr befolgen, wie es beispielsweise bei Deutschen in Rio Grande do Sul in Brasilien beobachtet wird. Vernakularsprachen sind keine Dialekte. Als Dialekt kann jede Form von Muttersprache bezeichnet werden, die weder Standardsprache noch Vernakularsprache ist. Es ist sehr schwer, eine Grenze zwischen Dialekt und Vernakularsprache zu ziehen.[1] Vernakularsprache steht im Gegensatz zu solchen Sprachen, die – etwa im Zuge des Kolonialismus – in einem Sprachgebiet etabliert wurden, wie zum Beispiel die französische Sprache in weiten Teilen Afrikas.
Der Begriff geht zurück auf das christliche Konzept der tres linguae sacrae (Hebräisch, Alt-Griechisch und Lateinisch) zurück, durch welches das Lateinische im Mittelalter und darüber hinaus den Rang der normierten Schriftsprache erhielt. Die jeweiligen Landes- und Nationalsprachen, als lingua vernacula, lingua vulgaris, lingua barbara oder barbarica, lingua rustica bezeichnet, wurden durch das Konzept der „drei heiligen Sprachen“ (tres linguae sacrae) bis in die Frühe Neuzeit hinein als Literatursprachen unterdrückt oder behindert, da sie als minderwertig galten.