Als Antijudaismus (von altgriechisch ἀντί- anti- „gegen“ und Ιουδαίοι Iudaioi „Juden“) wird die Judenfeindschaft aus religiösen Motiven bezeichnet. Meist umfasst der Begriff die Gesamtheit antijüdischer Theorien und Verhaltensweisen im Christentum. Bei einer weiteren Definition umfasst er auch vorchristliche, örtlich und zeitlich begrenzte antike Judenfeindschaft und Judenfeindlichkeit im Islam.
Antijudaismus durchzog die Kirchengeschichte seit ihren Anfängen. Nach Trennung des Christentums vom Judentum (70–100) begleitete er den Aufstieg zur Staatsreligion des Römischen Reiches (313–380), die Christianisierung Europas, den universalen Herrschaftsanspruch des Papsttums und die Religionspolitik vieler christlicher Landesherren. Da Juden Jesus von Nazaret nicht als den Messias und Sohn Gottes anerkennen, stellten sie das kirchliche „Wahrheitsmonopol“ schon durch ihr Dasein in Frage. Sie wurden daher seit dem 4. Jahrhundert im christlichen Europa rechtlich, sozial und ökonomisch benachteiligt, ausgegrenzt und (besonders im Hochmittelalter und in der frühen Neuzeit) oft verfolgt, vertrieben und vielfach ermordet. Dies rechtfertigten Christen wiederum als „Strafe“ oder „Fluch Gottes“ für die angebliche „Verstockung“ oder „Gotteslästerung“ der Juden.[1]
Der Antijudaismus der Alten Kirche untermauerte großenteils überkommene judenfeindliche Stereotype, die in Ägypten verbreitet waren, mit einer Ideologie, die aus der Bibel hergeleitet, in gesamtkirchliche Lehren integriert, offiziell geschürt, europaweit verbreitet und so zu einem kulturellen Dauerzustand in der Geschichte Europas wurde.[2] Er gilt deshalb als historische Voraussetzung des neuzeitlichen Antisemitismus. Das Verhältnis beider Formen zueinander und damit die Definition von Antisemitismus werden in der Antisemitismusforschung diskutiert.