Autokratie

Als Autokratie oder Selbstherrschaft (altgriechisch αὐτοκράτεια autokráteia ‚Selbstherrschaft‘, von αὐτός autós ‚selbst‘ und κρατεῖν krateín ‚herrschen‘) wird in der Politikwissenschaft eine Herrschaftsform bezeichnet, in der eine Einzelperson oder Personengruppe unkontrolliert politische Macht ausübt und keinen verfassungsmäßigen Beschränkungen unterworfen ist: eine durch den alleinigen Machtträger aus eigener Vollkommenheit selbst legitimierte Herrschaft. In der vergleichenden Regierungslehre wird der Autokratie zumeist die Demokratie als idealtypisches Konzept gegenübergestellt. Für dazwischen liegende Systeme gibt es mehrere Konzepte, bspw. defekte Demokratie und Hybridregime. Dagegen unterscheidet der Staatsrechtler Karl Loewenstein als den der Autokratie entgegengesetzten Idealtypus den Verfassungsstaat, in dem mehrere unabhängige Machtträger an der Ausübung der politischen Macht beteiligt sind und sich wechselseitig kontrollieren.[1] Der Begriff der Diktatur, der lange als Antonym zu Demokratie gebraucht wurde, kommt demgegenüber in den Politikwissenschaften zunehmend außer Gebrauch.[2] Nach Jürgen Hartmann konkurriert der Begriff Autokratie mit Bezeichnungen von gleicher Bedeutung wie Diktatur und autoritäres System (oder autoritäres Regime),[3] insoweit werden diese Begriffe in der Literatur auch synonym verwendet.[4]

Als Autokraten (altgriechisch αυτοκράτης autokrátes ‚selbst Herrschender‘) bezeichnet man dementsprechend einen Allein- bzw. Selbstherrscher, der in einem bestimmten Gebiet die Herrschaftsgewalt aus eigener Machtvollkommenheit ausübt und in seiner Machtfülle durch nichts und niemanden eingeschränkt ist. Der Ausdruck Autokrat wird umgangssprachlich auch für einen selbstherrlichen Menschen verwendet (ähnlich Despot, Tyrann, Diktator).

Eine Autokratie, in der unfreie Wahlen durchgeführt werden, wird manchmal als Wahlautokratie („elektoraler Autoritarismus“) bezeichnet.[5] Mögliche Beispiele für Wahlautokratien sind Russland unter Wladimir Putin[6], Ungarn unter Viktor Orbán[7][8] sowie Benin[9] und die Türkei unter Recep Tayyip Erdoğan[10].

  1. Karl Loewenstein: Verfassungslehre. 4. Auflage. Mohr, Tübingen 2000, ISBN 3-16-147432-5.
  2. Wolfgang Merkel: Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung. 2. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, S. 40; Uwe Backes: Vier Grundtypen der Autokratie und ihre Legitimierungsstrategien. In: Steffen Kailitz, Patrick Köllner (Hrsg.): Autokratien im Vergleich (= PVS, Sonderheft 47), Baden-Baden 2013, S. 157–175, hier S. 159, Anm. 1.
  3. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Hartmann.
  4. Vgl. Erica Frantz: Autocracy. In: Oxford Research Encyclopedia of Politics. 2021, ISBN 978-0-19-022863-7, doi:10.1093/acrefore/9780190228637.013.3 (oxfordre.com [abgerufen am 1. September 2023]).
  5. Yonatan L. Morse: Review Article: The Era Of Electoral Authoritarianism. In: World Politics, Vol. 64, Nr. 1 (Januar 2012), S. 161–198.
  6. Michael McFaul: Russia’s Road to Autocracy. In: Journal of Democracy, Vol. 32, Nr. 4, Oktober 2021, S. 11–26.
  7. Europaparlament gibt EU Teilschuld für Ungarns „Wahlautokratie“, Eleonora Vasques und Sofia Stuart Leeson, Euractiv, 16. September 2022
  8. „Wahlautokratie“: EU-Parlament sieht Ungarn als keine vollwertige Demokratie mehr, Handelsblatt, 15. September 2022
  9. Katrin Gänsler: Demokratie-Abbau in Benin – Der beliebte Baumwoll-Millionär. In: Deutschlandfunk Kultur. 7. April 2021, abgerufen am 21. April 2021.
  10. Der große Sieg der Wahlautokratie, Die Zeit, 30. Juni 2023.

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