Cholera

Klassifikation nach ICD-10
A00.0 Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar cholerae
A00.1 Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar eltor
A00.9 Cholera, nicht näher bezeichnet
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Choleraverbreitung auf der Welt (Stand 2004)

Cholera („Gallenfluss“, Bezeichnung für ‚Durchfallserkrankung‘,[1] von griechisch χολή cholḗ ‚Galle‘), auch Cholera asiatica (asiatische Cholera), Gallenbrechdurchfall (früher auch Gallenruhr) oder blauer Tod,[2] ist eine schwere bakterielle Infektionskrankheit vorwiegend des Dünndarms, die durch das Bakterium Vibrio cholerae verursacht wird. Die Infektion erfolgt zumeist über verunreinigtes Trinkwasser oder infizierte Nahrung. Die Bakterien können extremen Durchfall (mit „Reiswasserstühlen“) und starkes Erbrechen (Brechdurchfall) verursachen, was zu einer Exsikkose durch Elektrolytverlust mit Untertemperatur und Kollaps führen kann. Obwohl die meisten Infektionen (etwa 85 Prozent) ohne Symptome verlaufen, beträgt die Letalität bei Ausbruch der Krankheit unbehandelt zwischen 20 und 70 Prozent.

Die in Ostasien endemische Cholera („Cholera asiatica“, „Asiatische Cholera“, „Cholera Morbus“) trat auf dem indischen Subkontinent vermutlich (ausgehend vom Gangesdelta[3]) über mehrere Jahrhunderte in Form lokal begrenzter Epidemien auf, war aber auf anderen Kontinenten unbekannt. Die erste Pandemie trat im Zeitraum 1817 bis 1824 auf und betraf Teile Asiens sowie Ostafrika und Kleinasien und in der Folge Russland und Europa. 1830 trat sie in Ostgalizien und Ungarn auf, im Juni 1831 in Wien.[4] Erste Erkrankungen in Deutschland erfolgten 1831.[5][6] Der 1854 vom Arzt John Snow erbrachte Nachweis, dass eine Choleraepidemie im Londoner Stadtteil Soho in Zusammenhang mit verunreinigtem Trinkwasser stand, gilt als Geburtsstunde der modernen Epidemiologie.[7] Die Cholera-Epidemie von 1892, bei der in Hamburg über 8600 Menschen starben, gilt als eine der letzten schweren Choleraepidemien auf dem europäischen Kontinent. Bei der Cholera-Epidemie seit 2017 im Jemen gab es (Stand April 2019) über 1,7 Millionen Verdachtsfälle und fast 3500 bestätigte Todesfälle.

Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera, wurde – unbeachtet von der Öffentlichkeit – 1854 von Filippo Pacini beschrieben und 1883 von Robert Koch im Darm von an Cholera Gestorbenen entdeckt. Koch konnte beweisen, dass der von ihm „Kommabakterium“ genannte Erreger von Keimträgern ausgeschieden wird und sich im Wasser weiterverbreiten kann.[8] Ebenfalls 1854 beschrieb der Katalane Joaquim Balcells i Pascual den Erreger[9][10] und 1856 wahrscheinlich die beiden Portugiesen António Augusto da Costa Simões und José Ferreira de Macedo Pinto.[9][11]

Die Krankheit kann epidemisch auftreten und ist in Deutschland und Österreich meldepflichtig; es sind namentlich zu melden: der Krankheitsverdacht, die Erkrankung, der Tod, in Deutschland auch der Nachweis des Erregers. In der Schweiz sind erkrankte, infizierte und exponierte Personen identifizierbar zu melden.

  1. Ulrike Roll: Cholera. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 257 f.
  2. Institut für Europäische Kulturgeschichte der Uni Augsburg: Pandemien in der Geschichte.
  3. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 142–144 (Cholera).
  4. Cholera im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  5. Manfred Vasold: Die Sterblichkeit in Nürnberg im 19. Jahrhundert. Lebensumstände, Krankheit und Tod (um 1800 bis 1913). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 25, 2006, S. 241–338, hier: S. 277.
  6. siehe auch Johann Heyfelder: Beobachtungen über die Cholera asiatica. 1832; Textarchiv – Internet Archive.
  7. Ronald D. Gerste: Die Heilung der Welt. Das Goldene Zeitalter der Medizin 1840-1914. Klett-Cotta, Stuttgart 2021, S. 140–147.
  8. Ulrike Roll: Cholera. In: Enzyklopädie Medizingeschichte. Berlin / New York 2005, S. 258.
  9. a b Real Academia de la Historia (Hrsg.): Joaquín Balcells y Pasqual. 2018, Auf: dbe.rah.es (spanisch).
  10. Col·legi Oficial de Metges de Barcelona (Hrsg.): Joaquim Balcells i Pascual, 2015, galeriametges.cat (katalanisch).
  11. da Costa Simões, António Augusto, de Macedo Pinto, José Ferreira: Relatório da Direcção do Hospital de Cholericos de N.S. da Conceição em Coimbra. Imprensa da Universidade, Coimbra 1856 (portugiesisch, Katalog der Bibliothek der Universität Coimbra, die das Werk im Bestand hat).

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