Die Erschaffenheit des Korans (arabisch خلق القرآن Chalq al-Qur'ān, DMG ḫalq al-qurʾān) ist eine auf den Koran bezogene theologische Doktrin im Bereich des Islams, die auf die beiden Gelehrten al-Dschaʿd ibn Dirham (gest. 724) und Dschahm ibn Safwān (gest. 746) zurückgeht und besagt, dass der Koran von Gott erschaffen wurde. Mit dieser Lehre stellten sich die beiden Gelehrten gegen die von anderen muslimischen Gelehrten vertretene Position, wonach der Koran als Rede Gottes präexistent ist, also bereits von aller Ewigkeit her existiert. Während des neunten Jahrhunderts wurde der Lehrsatz von der Erschaffenheit des Korans im Abbasidenstaat zeitweise zur Staatsdoktrin erhoben, während diejenigen, die sie ablehnten, im Rahmen der Mihna verfolgt wurden. Später hat diese Doktrin auch Eingang in die Dogmatik der islamischen Strömungen der Muʿtaziliten und Ibaditen gefunden.
Im sunnitischen Islam hanbalitischer Prägung wird die Lehre von der Erschaffenheit des Korans als häretisch abgelehnt. Eine Kompromissposition hinsichtlich des Chalq al-Qur'āns entwickelte der Theologe Ibn Kullāb, indem er zwischen dem Inhalt (maʿnā) und der Ausdrucksform (ʿibāra) des Korans unterschied und die Lehre vertrat, dass nur der Inhalt unerschaffen, die Ausdrucksform jedoch erschaffen sei. Diese Position wurde später von den Aschʿariten übernommen. In der Gegenwart hat die Kontroverse über die Erschaffenheit des Koran stark an Bedeutung verloren. Die Anhänger der Lehre vom Chalq al-Qur'ān werden in der islamischen Häresiographie nach Dschahm ibn Safwān als Dschahmiten (Ǧahmīya) bezeichnet.