Graue Substanz

Als graue Substanz (lateinisch Substantia grisea) bezeichnet man Anteile des Zentralnervensystems, die vornehmlich Nervenzellkörper (Perikaryen) enthalten und beispielsweise Kerne bzw. Kerngebiete darstellen. Diese werden der weißen Substanz gegenübergestellt als jenen Anteilen, die vornehmlich aus Leitungsbahnen bzw. Nervenfasern bestehen und somit Nervenzellfortsätze enthalten. Deren schon makroskopisch sichtbare weiße Färbung entsteht durch umhüllende Gliazellen bzw. die Myelinscheiden der Nervenfasern.

Die graue Substanz ist eine wesentliche Komponente des Zentralnervensystems und enthält kennzeichnend die Nervenzellkörper, daneben aber auch Neuropilem (Dendrite und sowohl myelinisierte als auch unmyelinisierte Axone) sowie Gliazellen und ebenso Kapillaren. Die graue Substanz ist von der weißen Substanz insofern zu unterscheiden, als sie zahlreiche Zellkörper und relativ wenige myelinisierte Axone enthält. Die weiße Substanz hingegen besteht zum größten Teil aus langen und myelinisierten Axonen und relativ wenigen Zellkörpern. Die Bezeichnung „grau“ rührt daher, dass diese Bereiche im formalinfixierten Präparat eine graue Farbe haben. Im lebenden Gewebe ist die graue Substanz eher rosa. Umgangssprachlich ist häufig von den „grauen Zellen“ die Rede.

Im Rückenmark liegt die graue Substanz zentral und formiert ein schmetterlingsähnliches Gebilde mit einem Vorder- und Hinterhorn. Im Bereich des Brust- und Lendenabschnittes lässt sich zudem ein Intermediärhorn unterscheiden, in dem die Wurzelzellen des Sympathikus liegen. Die graue Substanz ist im Rückenmark vollständig von weißer Substanz umgeben. Die graue Substanz um den Zentralkanal des Rückenmarks wird nach Albert von Koelliker auch Koelliker-Kern[1] genannt.

In großen Bereichen des Gehirns dagegen liegt die graue Substanz zum überwiegenden Teil außen, die weiße umhüllend. Diese Bereiche bezeichnet man als Rinde (Cortex). Einen Cortex besitzen das Großhirn (Telencephalon, siehe auch Großhirnrinde) und das Kleinhirn (Cerebellum). In den übrigen Gehirnabschnitten ist graue Substanz in die weiße Substanz oder eine Formatio reticularis eingebettet. Umschriebene Gebiete grauer Substanz bezeichnet man als Kerne oder Kerngebiete (Nuclei).

Untersuchungen, die Intelligenztestwerte mit Schichtaufnahmen vom Volumen der grauen bzw. weißen Substanz in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns verglichen, entdeckten eine Korrelation zwischen höheren Intelligenzwerten und mehr grauer Substanz in einigen speziellen Arealen, die mit Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sprache in Zusammenhang gebracht werden (Haier, 2004).[2]

  1. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 434.
  2. David G. Myers: Psychologie. Springer, 2005, ISBN 3-540-21358-9, S. 479.

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