Herzknochen

Die Herzknochen (lateinisch Ossa cordis; Einzahl: Os cordis) sind zwei kreuzförmige Knochen, die sich in der Scheidewand der Vorkammern bei größeren Paarhufern (Giraffen, Rindern, Schafen, Kamelen, Hirschen, Schweinen) finden. Es handelt sich um eine im höheren Alter auftretende lokale Verknöcherung von Bindegewebe (Trigona fibrosa) in der Scheidewand der Herzkammern. Herzknochen treten paarweise auf.[1] Sie haben keine Beziehung zum Skelett und zählen daher zu den Eingeweideknochen.

Seit der Antike ist das Vorkommen bekannt. Schon Aristoteles beschreibt den Herzknochen bei Wiederkäuern in der Anatomie seiner Tierkunde.[2] Auch Galenos erwähnt ihn in seinem, im 2. Jahrhundert n. Chr. entstandenen anatomischen Lehrwerk Über die Verfahrensweise beim Sezieren.[3]

Der Herzknochen der Hirsche (Hirschherzenkreuz, Hirschkreuzlein, lateinisch os de corde cervi oder os cordis cervi), bei dem es sich laut Zekert um Verknorpelungen der Herzscheidewand des Rothirsches handelt,[4] wurde in früheren Jahrhunderten gegen Herzkrankheiten benutzt, sowohl in der Volksmedizin als auch, etwa im Circa instans[5] des Mittelalters, in der Arzneilehre. Der Hirsch hatte eine besondere Stellung in der mittelalterlichen Vorstellungswelt[6] und galt als ein Symbol für Jesus Christus[7] – abgeleitet aus dem Psalm 42,2.

Im Jahr 2020 wurden Herzknochen erstmals auch bei Schimpansen beschrieben.[8]

  1. Brockhaus' Konversations-Lexikon. Band 9: Heldburg – Iuxta. 14., vollständig neubearbeitete Auflage. Brockhaus, Leipzig u. a. 1894, S. 105.
  2. Angela von den Driesch, Joris Peters: Geschichte der Tiermedizin. 5000 Jahre Tierheilkunde. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Schattauer, Stuttgart u. a. 2003, ISBN 3-7945-2169-2, S. 115; Aristoteles, De partibus animalium III,4, 666b18-21
  3. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus den medizinischen Schriften der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 92 und 190.
  4. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 138 f. (dort Cartilogo und Chartilago) und 149 (Os cordis cervi).
  5. Konrad Goehl: Beobachtungen und Ergänzungen zum ‘Circa instans’. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 69–77, hier: S. 70 und 72 f. (Austausch des teuren Hirschherzbeins im Sinne einer Medikamentenfälschung gegen Ziegenknorpel).
  6. Andreas Mettenleiter: Adam Christian Thebesius (1686–1732) und die Entdeckung der Vasa Cordis Minima. Biographie, Textedition, medizinhistorische Würdigung und Rezeptionsgeschichte (= Sudhoffs Archiv. Beiheft. 47). Steiner, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07917-3, S. 148, (Zugleich: Würzburg, Universität, Dissertation, 2000).
  7. Erzbistum Bamberg: Teil 20: Hirsch (Memento vom 22. Februar 2016 im Internet Archive)
  8. Sophie Moittié et al.: Discovery of os cordis in the cardiac skeleton of chimpanzees (Pan troglodytes). In: Scientific Reports. Band 10, Artikel Nr. 9417, 2020, doi:10.1038/s41598-020-66345-7.
    A rare heart bone is discovered in chimpanzees. Auf: eurekalert.org vom 10. Juni 2020.

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