Die indogermanischen oder indoeuropäischen Sprachen bilden mit etwa drei Milliarden Muttersprachlern die sprecherreichste Sprachfamilie der Welt. Beide Bezeichnungen werden gleichbedeutend verwendet.
Beide Bezeichnungen, „Indogermanisch“ und „Indoeuropäisch“, sollen die Grenzen des ursprünglichen Verbreitungsgebiets abstecken, Germanisch (bzw. Europäisch) im äußersten Westen, Indisch im äußersten Osten.[1] „Europäisch“ ist insofern ungenau, als nicht alle europäischen Sprachen zur indogermanischen Sprachfamilie zählen; außerhalb dieser stehen in Europa namentlich Ungarisch, Finnisch und Estnisch (die zur uralischen Sprachfamilie gehören), Türkisch, Tatarisch und weitere Turksprachen (die vom Balkan bis nach Russland vorkommen), Maltesisch (eine semitische Sprache), Tschetschenisch und andere nordostkaukasische Sprachen, Kalmückisch (eine mongolische Sprache in Südrussland) und Baskisch (eine isolierte Sprache in Spanien und Frankreich) sowie eine Anzahl von weiteren Regionalsprachen in Nord- und Osteuropa. Der Wortteil „Indo“ ist ebenso missverständlich, da nicht alle Sprachen des Indischen Subkontinents indogermanisch sind. Insbesondere die Sprachen Südindiens (etwa Tamil) gehören nicht zu dieser Sprachfamilie.
Zur indogermanischen Sprachfamilie gehören hingegen neben den bereits erwähnten germanischen die romanischen, slawischen, baltischen und keltischen Sprachen sowie Griechisch, Albanisch, Armenisch und Persisch sowie weitere iranische Sprachen, darunter Paschtu und Dari, sowie Hindi, Urdu und weitere Sprachen des Indischen Subkontinents.
Die ältesten historischen Zeugnisse indogermanischer Sprachen sind das Hethitische in Anatolien und das vedische Sanskrit in Indien. Die indogermanischen Sprachen zeigen untereinander weitreichende Übereinstimmungen beim Wortschatz, in der Flexion, in grammatischen Kategorien wie Numerus und Genus sowie im Ablaut. Als gemeinsamer Ursprung wird eine vorgeschichtliche indogermanische Ursprache angenommen, die in Grundzügen durch einen Vergleich der einzelnen Nachfolgesprachen rekonstruiert werden konnte. Die große Verbreitung dieser Sprachfamilie ist das Ergebnis von Völkerwanderungen im Laufe von Jahrtausenden, nicht zuletzt durch die europäische Expansion seit dem 15. Jahrhundert z. B. auf die amerikanischen Kontinente, nach Sibirien und Australien.
Die Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die sich mit dieser Sprachfamilie und insbesondere ihrer Entstehung beschäftigt, heißt Indogermanistik.