Johannes Haller

Johannes Haller als Gießener Professor im Jahre 1904

Johannes Haller (* 16. Oktober 1865 in Keinis, Gouvernement Estland, Russisches Kaiserreich; † 24. Dezember 1947 in Tübingen) war ein deutscher Historiker, der vor allem das Spätmittelalter erforschte. Als ordentlicher Professor für Mittlere Geschichte lehrte er an den Universitäten Marburg (1904), Gießen (1904–1913) und Tübingen (1913–1932).

Durch den Beginn des Ersten Weltkrieges wandelte er sich von einem aristokratisch fühlenden und zunächst national-sozial eingestellten Liberalen zu einem konservativen Deutschnationalen. Sein Einsatz in der Kriegspublizistik steigerte seine Bekanntheit und brachte ihm Kontakte zur politischen und militärischen Führung ein. Haller galt als Russlandexperte und war Vertreter eines „Siegfriedens“. Die Weimarer Republik lehnte er entschieden ab. Ab 1932 setzte er für kurze Zeit seine Hoffnungen auf den Nationalsozialismus. Seine Beziehungen zum NS-Regime ab 1933 waren durch eine starke Ambivalenz geprägt. Die militärischen Erfolge begrüßte er bis 1940, die NS-Wissenschafts- und Kirchenpolitik lehnte er jedoch von vornherein ab.

Haller galt als Spezialist der mittelalterlichen Papst- und Kirchengeschichte. Mit seiner umfangreichen Edition von Quellen zum Konzil von Basel leistete er einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der Konzilsgeschichte. Durch seine allgemeinen Darstellungen wie die Epochen der deutschen Geschichte oder Tausend Jahre deutsch-französischer Beziehungen sowie Arbeiten zur Zeitgeschichte (Die Ära Bülow, Aus dem Leben des Fürsten Philipp zu Eulenburg-Hertefeld) gehörte er zu den meistgelesenen und bekanntesten Historikern seiner Zeit. Seine Arbeiten prägten bis in die 1970er Jahre maßgeblich das Mittelalterbild in Forschung und Gesellschaft. Mit der mehrbändigen Darstellung Das Papsttum. Idee und Wirklichkeit legte er ein monumentales Alterswerk vor. Zugleich machten ihn sein als schwierig empfundener Charakter und seine Neigung zur Polemik zu einem Außenseiter in der Geschichtswissenschaft.


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