Josef Wissarionowitsch Stalin (russisch Иосиф Виссарионович Сталин, wissenschaftliche Transliteration Iosif Vissarionovič Stalin; geboren als Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili georgisch იოსებ ბესარიონის ძე ჯუღაშვილი, russisch Иосиф Виссарионович Джугашвили Iosif Wissarionowitsch Dschugaschwili / wissenschaftliche Transliteration Iosif Vissarionovič Džugašvili, – * 6. Dezemberjul. / 18. Dezember 1878greg.[1] in Gori, Gouvernement Tiflis, Russisches Kaiserreich, heute Georgien; † 5. März 1953 in Kunzewo bei Moskau, Sowjetunion, heute Russische Föderation) war ein sowjetischer kommunistischer Politiker georgischer Herkunft und Diktator der Sowjetunion von 1927 bis 1953.[2] Den Kampfnamen Stalin, der nach verschiedenen Deutungen[3] für „der Stählerne“ steht, nahm er 1912 an.
Von 1899 bis 1917 war Stalin ein im Untergrund agierender Berufsrevolutionär der Bolschewiken, der wegen seiner politisch-kriminellen Aktivitäten mehrfach in abgelegene Teile des Russischen Reiches verbannt wurde. Er stieg in dieser Zeit in den Führungszirkel der Partei Lenins auf. Hier war Stalin in der Folge an der Vorbereitung und Durchführung der Oktoberrevolution beteiligt und nahm an den Kämpfen des Russischen Bürgerkriegs auf der Seite der KPR(B) und der Roten Armee teil. Nach Lenins Ausscheiden aus der Führungsriege der KPR(B) gelang es Stalin schrittweise, die alleinige Macht in der Sowjetunion zu erlangen. Von 30. Dezember 1922 bis zu seinem Tod 1953 war er Generalsekretär des ZK der KPdSU, ab 1941 Vorsitzender des Rates der Volkskommissare (Regierungschef), ab 1946 Vorsitzender des Ministerrats der UdSSR und in den Jahren 1941 bis 1947 Oberster Befehlshaber der Roten Armee.
Während seiner Regierungszeit in der Sowjetunion errichtete Stalin eine totalitäre Diktatur, ließ im Rahmen politischer Säuberungen mehrere Millionen Sowjetbürger verhaften, in Schau- und Geheimprozessen zu Zwangsarbeit verurteilen oder hinrichten sowie Millionen weiterer Sowjetbürger und ganze Volksgruppen besetzter Gebiete in Gulag-Strafarbeitslager und Sondersiedlungen deportieren. Viele wurden dort ermordet oder kamen durch die unmenschlichen Bedingungen ums Leben.
Unter Stalins Führung wurde das Konzept des Sozialismus in einem Land zum zentralen Grundsatz der sowjetischen Gesellschaft. Die frühere, im Jahr 1921 eingeführte, Neue Ökonomische Politik wurde ab 1928 durch eine stark zentralisierte Kommandowirtschaft ersetzt. Zudem begann eine Phase der Industrialisierung sowie Kollektivierung in Verbindung mit einer Entkulakisierung, was zu einer rapiden Transformation der UdSSR von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft führte. Entkulakisierung und Kollektivierung der Landwirtschaft verursachten insbesondere in der Ukrainischen SSR (Holodomor), in russischen Gebieten an der Wolga, im Kuban-Gebiet und in anderen landwirtschaftlich geprägten Teilen der Sowjetunion eine landesweite Hungersnot, der ungefähr sechs Millionen Menschen zum Opfer fielen.[4] In der Kasachischen SSR kam die erzwungene Sesshaftmachung der nomadischen Bevölkerung hinzu. Die daraus resultierende Hungerkatastrophe von 1930–33 kostete circa 1,3 bis 1,5 Millionen Menschenleben.[5]
Als wichtiger Partner zuerst des nationalsozialistischen Deutschen Reiches im Rahmen des Hitler-Stalin-Pakts und später der Alliierten hatte Stalin starken Einfluss auf den Verlauf des Zweiten Weltkrieges sowie auf die Nachkriegsgestaltung Europas und Asiens. Sein Regime und seine Interpretationen des Marxismus und des Leninismus werden als Stalinismus bezeichnet.
In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion wirkt die jahrzehntelange Glorifizierung Stalins durch einen in der sowjetischen Geschichte einzigartigen Personenkult bis heute nach.
Nach Stalins Tod leitete sein Nachfolger Nikita Chruschtschow mit der Entstalinisierung eine öffentliche Abrechnung mit Stalins Person und Wirken ein, die von späteren Regierungen nicht fortgeführt und teilweise zurückgenommen wurde. Eine Umfragereihe des Lewada-Zentrums zur Einstellung russischer Einwohner zu Stalin ergab im April 2001 38 Prozent „positiv“, 12 Prozent „gleichgültig“, 6 Prozent „schwer zu beantworten“ und 43 Prozent „negativ“; im März 2016 werteten nur noch 17 Prozent „negativ“, aber 32 Prozent „gleichgültig“ und 14 Prozent „schwer zu beantworten“, während der „positiv“-Anteil mit 37 Prozent fast unverändert blieb.[6]