Eine Konvergenztheorie in den Sozialwissenschaften gründet implizit oder explizit auf der Hypothese, dass sich alle geschichtlich auftretenden Exemplare einer Gattung sozialer Systeme in dieselbe Richtung entwickeln, nämlich auf die Verwirklichung eines bereits in der Gegenwart vorfindbaren Modellfalls hin. Nachdem die gerichtete Entwicklungstendenz als begründet unterstellt ist, werden nur noch die empirisch angetroffenen Abweichungen von dem „richtigen“ Entwicklungspfad erklärungsbedürftig.
Wer eine Konvergenztheorie vertritt, verknüpft dies mehr oder weniger bewusst mit der Propagierung von bestimmten Werturteilen. Diese können oft auch auf den Ethnozentrismus einer Theorie oder eines Theoretikers zurückgeführt werden.
Eine kritische Gegenposition zu Konvergenztheorien vertreten Theorien über die Pfadabhängigkeit sozialen Wandels, die zeigen, dass trotz der Diffusion von innovativen Systemteilen die jeweiligen Gesellschaftsstrukturen sich auf einem Pfad entwickeln, der von ihrer jeweils eigenen Vorgeschichte geprägt wird.