Kulturrevolution

Losungen auf der Außenmauer der Fudan-Universität im Frühling 1976: „Blut und Leben zur Verteidigung des Zentralkomitees, Blut und Leben zur Verteidigung von Mao“
Rote Garden auf dem Platz des Himmlischen Friedens (1967)

Die chinesische Kulturrevolution (chinesisch 無產階級文化大革命 / 无产阶级文化大革命, Pinyin wúchǎnjiējí wénhuà dàgémìng, – „Große Proletarische Kulturrevolution“ oder kurz 文革 wéngé) war eine politische Kampagne in der Volksrepublik China, die 1966 von Mao Zedong und seinen Verbündeten in der Volksrepublik China gestartet wurde.[1][2] Die Kampagne dauerte bis 1976 und ist in China auch als „Zehn Jahre Chaos“ bekannt.[3][4] Mao startete die Kulturrevolution mit Hilfe der „Gruppe Kulturrevolution“ und anderer.[1] Dazu gehörten seine Frau Jiang Qing, sein Privatsekretär Chen Boda, Verteidigungsminister Lin Biao, die radikalen Kulturfunktionäre Zhang Chunqiao, Yao Wenyuan und der Spezialist für geheime Aktionen Kang Sheng.[5] In diese Zeit fällt auch die Etablierung von Maos Personenkult. Mit der vordergründigen Zielsetzung, kapitalistische, bürgerliche und traditionalistische Infiltrierungen der Gesellschaft durch eine Fortsetzung des Klassenkampfs zu entfernen, ging die Bewegung mit massiven Menschenrechtsverletzungen und politischen Morden bis auf der höchsten Ebene einher; unter anderem verstarben Maos jeweils in Ungnade gefallene designierte Nachfolger Liu Shaoqi und Lin Biao.[6]

Eine genaue Zahl der durch die Kulturrevolution getöteten Menschen ist nicht bekannt. Die vorliegenden Schätzungen (teilweise auch politisch motiviert)[7] variieren stark und liegen zwischen Hunderttausenden und 20 Millionen Toten in ganz China.[7][8][9][10][11] Massaker wie das Massaker von Guangxi (und Kannibalismus), die Säuberung der Inneren Mongolei, das Massaker von Guangdong, der Spionagefall von Zhao Jianmin, das Daoxian-Massaker, der Shadian-Zwischenfall, und der Rote August von Peking fanden während der Kulturrevolution statt.[9][12] Darüber hinaus waren viele Millionen Menschen Folter und anderen physischen und psychischen Misshandlungen ausgesetzt, wurden verhaftet und landeten in Gefängnissen und Arbeitslagern. Eine noch größere Zahl wurde in entlegene Gegenden des Landes verbannt.[13] Ab dem Roten August von Peking wurde die Bewegung zur Zerstörung der „Vier Alten“ durchgeführt. Gemeint waren damit alte Denkweisen, Kulturen, Gewohnheiten und Sitten. Während der Kulturrevolution stürzten der Banqiao-Staudamm und andere 61 Staudämme in der Provinz Henan 1975 ein und wurden zu einer der größten technologischen Katastrophen in der Geschichte.[14][15] Während Mao die Kulturrevolution nach grundlegenden (aber letztlich nicht dauerhaften) Umwälzungen in Gesellschaft und Regierung 1969 für beendet erklärte, wird ihr Ende eher an Lins Tod 1971 oder Maos Tod 1976 festgemacht. Im Oktober 1976 wurden die noch lebenden Initiatoren der Kulturrevolution, die „Viererbande“, verhaftet und damit der Kulturrevolution ein Ende gesetzt.

Von den folgenden chinesischen Regierungen, vor allem in der Beurteilung durch Deng Xiaoping, wird die Kulturrevolution seit 1981 als gravierender Fehler und größter Rückschritt in der Geschichte des Landes angesehen, jedoch abseits der offiziellen Darstellung von 1981 in der Erinnerungskultur kaum berücksichtigt. In den späten 1970er Jahren startete Deng Xiaoping das Programm „Boluan Fanzheng“, um die Fehler der Kulturrevolution zu korrigieren. Im Dezember 1978 wurde Deng der neue oberste Führer Chinas und startete die „Reform und Öffnung“, die eine neue Phase Chinas einleitete. Aber Maos Verantwortung wird eher geringfügig und isoliert von seinen übrigen gepriesenen Tätigkeiten und seinem Personenkult betrachtet.

  1. a b Daniel Leese: Kulturrevolution in China: Ursachen, Verlauf und Folgen | APuZ. In: Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 8. Dezember 2020.
  2. 关于建国以来党的若干历史问题的决议. In: Die Zentralregierung der Volksrepublik China. 1981, abgerufen am 8. Dezember 2020 (chinesisch).
  3. 50 Jahre Kulturrevolution: Der Kampf geht weiter | DW | 13.05.2016. In: Deutsche Welle. Abgerufen am 8. Dezember 2020 (deutsch).
  4. Susanne Weigelin-Schwiedrzik: Schwierige Erinnerung: 40 Jahre Ringen um gesellschaftlichen Konsens | APuZ. In: Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 8. Dezember 2020.
  5. Vgl. Henning Böke: Maoismus. Stuttgart 2007, S. 72 f.
  6. Vgl. Helwig Schmidt-Glintzer: Das neue China. München 2014, 6. Aufl. S. 89–91.
  7. a b Twentieth Century Atlas – Death Tolls. Abgerufen am 25. März 2020 (englisch).
  8. World Peace Foundation: China: the Cultural Revolution | Mass Atrocity Endings. Abgerufen am 25. März 2020 (amerikanisches Englisch).
  9. a b Song Yongyi (宋永毅): Chronology of Mass Killings during the Chinese Cultural Revolution (1966–1976). In: Institut d’études politiques de Paris (Sciences Po). Abgerufen am 25. März 2020 (englisch).
  10. "四人帮"被粉碎后的怪事:"文革"之风仍在继续吹. In: Volkstageszeitung. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Juni 2020; abgerufen am 25. März 2020 (chinesisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/history.people.com.cn
  11. Ding Shu (丁抒): 文革死亡人数统计为两百万人. In: Independent Chinese PEN Center. 8. April 2016, abgerufen am 25. März 2020 (chinesisch).
  12. Nicholas D. Kristof: A Tale of Red Guards and Cannibals. In: The New York Times. 6. Januar 1993, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 25. März 2020]).
  13. Maurice Meisner: Mao's China and After: A History of the People's Republic. Free Press (Simon & Schuster), 3. Auflage, New York 1999, ISBN 978-0-684-85635-3, S. 354.
  14. Malte Zipper, Nicole Zulauf, Michael H. K. Bendels: Die Banqiao-Staudamm-Katastrophe. In: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie. 10. Dezember 2019, ISSN 2198-0713, doi:10.1007/s40664-019-00382-6.
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