Die Leibeigenschaft oder Eigenbehörigkeit bezeichnet eine vom Mittelalter bis in die Neuzeit in Europa verbreitete persönliche Verfügungsbefugnis eines Leibherrn über Leibeigene (auch genannt Eigenleute).[1]
Sie entstand im Zusammenhang der feudalistischen Gesellschafts- und Wirtschaftsform des europäischen Mittelalters. Der Begriff „leibeigen“ ist erstmals in einer von Adolf Friedrich I. von Mecklenburg herausgegebenen „Gesinde- und Bauernordnung“ von 1645 belegt.[2]
Leibeigene waren Diener des Grundherrn, die dessen Land und Gut bewirtschafteten. Sie waren zu Frondiensten verpflichtet und durften nicht vom Gutshof des Leibherrn wegziehen. Sie durften auch nur mit Genehmigung des Leibherrn heiraten[3] und unterlagen seiner Gerichtsbarkeit.[4] Dabei hatten die Leibherren eine Fürsorgepflicht für ihre Leibeigenen. Dies äußerte sich bisweilen darin, dass der Leibherr seinen Leibeigenen das Studium ermöglichte.[5]
Als Grundhörige werden hingegen ehemals freie Bauern bezeichnet, die sich freiwillig dem Grundherrn unterstellt und ihm ihr Land übergeben hatten. Sie wurden fortan als zu diesem Land „gehörend“, als Hörige, oder auch – je nach Region – als Lassen, Laten oder Liten bezeichnet. Grundhörige bewirtschafteten Grund und Boden ihres Grundherrn (Inwärtseigen) und schuldeten ihm als Gegenleistung Naturalabgaben sowie Hand- und Spanndienste.[6] Letztere ähnelten den Frondiensten Leibeigener. Während Leibeigene personenbezogene Abgaben an ihre Herren zahlen mussten, waren die Abgaben der hörigen Bauern gutsbezogen. Es gab auch Überlappungen, wenn Leibeigene über geringfügigen Landbesitz verfügten und damit der Leibherr zugleich der Grundherr des Dienst- und Abgabenverpflichteten war.
Die Leibeigenschaft schloss Bürger einer Stadt nicht ein. Dort galt der Rechtsgrundsatz Stadtluft macht frei. Umgekehrt bedeutete der Aufenthalt oder die Zuwanderung in die Stadt nicht direkt die Freiheit. Die Leibeigenschaft verstetigte die Grundherrschaft, ähnlich wie die Erbuntertänigkeit, vergrößerte die Pflichten der Bauern und bewirkte eine doppelte Abhängigkeit der Bauern. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Handhabung und Zwecksetzung bildet die Leibeigenschaft keinen einheitlichen Rechtsbegriff.[7] Das Bild eines unter gleichförmigen Bedingungen vor sich hin vegetierenden Bauernstandes hat die Geschichtswissenschaft aufgegeben.[8] Die Leibeigenschaft lag ihrer Ausgestaltung nach oft zwischen Sklaverei und Hörigkeit. Sklaverei und Leibeigenschaft sind heute gleichermaßen geächtet.[9] Leibeigenschaft in Form der Gutsherrschaft im ostelbischen Deutschland wurde wie Sklaverei empfunden und ihr gleichgesetzt.[10] Grundherrschaft und Leibherrschaft wurden in dem fast einhundertfünfzigjährigen Prozess der Bauernbefreiung in Deutschland abgelöst.[11]
Diese Aussagen gelten für die ostelbischen Gebiete. Anderswo weichen die Verhältnisse oft stark davon ab.