Mentalisierung

Mentalisierung oder auch Mentalisation ist ein Fachbegriff aus der Psychologie und Psychoanalyse. Er beschreibt die menschliche Fähigkeit, psychische (mentale) Zustände in sich selbst und bei anderen wahrzunehmen und auf diese Weise das Verhalten anderer Menschen durch Zuschreibung mentaler Zustände zu interpretieren („abzubilden“). Dabei wird nicht nur auf das Verhalten des Gegenübers eingegangen, sondern es werden zugleich Vorstellungen darüber gebildet, welche Überzeugungen, Intuitionen, Gefühle, Einstellungen und Wünsche dem Verhalten des anderen zugrunde liegen könnten. Mentalisierung bedeutet gewissermaßen, am Verhalten „ablesen zu können, was in den Köpfen anderer vorgeht“, das Geschehen aus der Perspektive des anderen zu sehen (Perspektivenübernahme). So ist es möglich, das eigene Erleben und Handeln sowie das des anderen reflexiv zu erfassen.

Die Fähigkeit zur Mentalisierung wird ab den ersten Lebensmonaten entwickelt: In einer sicheren Bindungsbeziehung mit den Hauptbezugspersonen geschieht sozialer Austausch. Dabei wird davon ausgegangen, dass Säuglinge zunächst noch kein differenziertes Bewusstsein über ihre emotionalen Zustände und ihr Erleben haben. Dieses entsteht erst allmählich durch eine besondere Art der Affektspiegelung, mit der die frühen Bezugspersonen dem Kind empathisch und Resonanz gebend begegnen. Die Theorie der Mentalisierung beschreibt diese in verschiedenen aufeinander aufbauenden Phasen, die es dem Kind ermöglichen, zunehmend Affekte und Gefühlsbewegungen zu unterscheiden, zu verstehen und zu kontrollieren sowie die eigene Aufmerksamkeit zu regulieren. Die grundlegende Fähigkeit zu mentalisieren ist häufig ab dem vierten Lebensjahr ausgeprägt.[1]

  1. Peter Fonagy, Györgor Gergely, Elliot L. Jurist, Mary Target: Affektregulierung, Mentalisierung und die Entwicklung des Selbst. Klett-Cotta, Stuttgart 2002, ISBN 978-3-608-96271-0

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