Nachrichten- und Presseagentur

Als Nachrichten- und Presseagenturen werden Massenmedien vorgelagerte Unternehmen bezeichnet, die aktuelle Nachrichten über das Weltgeschehen entsprechenden Medien, Unternehmen und Organisationen als redaktionell und multimedial vorgefertigte Meldungen zum Kauf anbieten. Presse- und Nachrichtenagenturen spielen im weltweiten Nachrichtenfluss und im Agenda Setting eine zentrale Rolle,[1][2] was das Framing einschließt.[3] Sie gelten als Schlüsselinstitutionen und „unsichtbares Nervensystem“ der Medienlandschaft.[4] Nachrichtenagenturen sind sowohl privilegierte Orte der Wissensproduktion, als auch aufgrund ihres globalen Aktionsradius exponierte Institutionen der Wissensvermittlung.[5] Nachrichtenagenturen operieren als privatwirtschaftliche oder staatliche Unternehmen und sind untereinander durch Austauschverträge verbunden.[6] Von weltweit insgesamt rund 140 Nachrichtenagenturen sind lediglich 20 frei von direktem staatlichem Einfluss; Zehn davon befinden sich in Europa und sind als Gruppe 39 miteinander verbunden.[7]

Der größte Teil internationaler Nachrichten, die auf Online-/Socialmedia-Plattformen, in TV, Radio und Zeitungen/Print in der westlichen Hemisphäre verbreitet werden, stammt von den drei international agierenden Nachrichtenagenturen Associated Press (AP) und Thomson Reuters aus Toronto, sowie der Agence France-Presse (AFP) aus Paris. In Deutschland ist die Deutsche Presse-Agentur (dpa) Marktführer, in Österreich die Austria Presse Agentur (APA), in der Schweiz die Schweizerische Depeschenagentur (Keystone-SDA). Wichtigste Nachrichtenagenturen für Finanzdienstleistungen sind Reuters und Bloomberg. Staatsnachrichgenagenturen sind etwa die chinesische Xinhua, die russische Rossija Sewodnja und die in Katar ansässige Al Jazeera.[8]

Als Pionier der modernen Nachrichtenagentur gilt Charles-Louis Havas, der 1835 in Paris die Nachrichtenagentur Agence Havas begründete, einem Vorläufer der AFP. Zwischen 1870 und 1934 wurde der weltweite Nachrichtenmarkt durch das vielfach kritisierte Wolff-Reuter-Havas-Kartell beherrscht.

In Deutschland war es zwischen 1933 und 1945 vor allem das der Pressestelle der Reichsregierung (Abteilung IV des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda) unterstellte Deutsche Nachrichtenbüro, das als Nachrichtenagentur im Besitz des Reiches zur Gleichschaltung von Presse und Funk maßgeblich beitrug, auch insofern die früheren Agenturen, das Wolffsche Telegraphen Bureau (W.T.B) und die 1913 gegründete Telegraphen-Union in ihr vereinigt wurden. Daneben bestand der Zeitungsdienst Graf Reischach und die Nationalsozialistische Parteikorrespondenz.[9]

  1. Markus Rhomberg: Mediendemokratie: Die Agenda-Setting-Funktion der Massenmedien. Brill | Fink, 2007, ISBN 978-3-8467-4401-7, doi:10.30965/9783846744017_007 (fink.de [abgerufen am 21. Juli 2024]).
  2. Wolfgang Eichhorn: Agenda-Setting-Prozesse. Eine theoretische Analyse individueller und gesellschaftlicher Themenstrukturierung. 2. Auflage, München 2005 (digitale Ausgabe) URL: http://epub.ub.uni-muenchen.de/archive/00000734/ https://epub.ub.uni-muenchen.de/734/1/AgendaSettingProzesse.pdf S. 138
  3. Fred Morstatter, Liang Wu, Uraz Yavanoglu, Stephen R. Corman, Huan Liu: Identifying Framing Bias in Online News. In: ACM Transactions on Social Computing. Band 1, Nr. 2, 30. Juni 2018, ISSN 2469-7818, S. 1–18, doi:10.1145/3204948 (acm.org [abgerufen am 21. Juli 2024]).
  4. Zitat von Wolfgang Vyslozi (2005) in Michael Segbers: Die Ware Nachricht. Wie Nachrichtenagenturen ticken. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz, 2007.
  5. Volker Barth: Wa(h)re Fakten: Wissensproduktionen globaler Nachrichtenagenturen 1835–1939 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 233). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2020, ISBN 978-3-525-37085-8, S. 20 (google.de [abgerufen am 7. März 2020] zugleich Habilitationsschrift, Universität Köln, 2017).
  6. Peter Maier: Nachrichtenagenturen. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2. September 2010.
  7. dpa tritt Vereinigung unabhängiger Nachrichtenagenturen "Gruppe 39" bei. In: Tagesspiegel. 6. September 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar);.
  8. Volker Barth: Wa(h)re Fakten: Wissensproduktionen globaler Nachrichtenagenturen 1835–1939. Seite 14, Vandenhoeck & Ruprecht, 2019
  9. André Uzulis: Nachrichtenagenturen im Nationalsozialismus : Propagandainstrumente und Mittel der Presselenkung. In: Europäische Hochschulschriften Reihe 3. Band 636. Lang, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien 1995, ISBN 3-631-48061-X, S. 356 (356 S., zugleich Dissertation Universität Hannover, 1994).

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