Die Niere (mittelhochdeutsch nier, niere;[1] lateinisch ren, normalerweise nur im Plural renes, das davon abgeleitete Adjektiv ist renalis; altgriechisch νεφρός nephrós, entwicklungsgeschichtlich: Metanephros) ist ein paarig angelegtes Organ des Harnsystems zur Harnbereitung und Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts von Wirbeltieren. In den beiden Nieren werden Blutanteile unterhalb einer gewissen Größe abfiltriert, für den Organismus wichtige Moleküle größtenteils rückresorbiert, andere Substanzen zusätzlich sezerniert und die wässrige Lösung vor ihrer Ausscheidung konzentriert. Mit den Erkrankungen der Nieren beschäftigen sich vor allem die Nephrologie als Teilgebiet der Inneren Medizin und die Urologie.
Funktionen der Nieren sind:
Weiterhin ist die Niere ein bedeutendes Organ für den Zwischenstoffwechsel des Körpers (sie betreibt Gluconeogenese). Die Niere produziert darüber hinaus Hormone, wie beispielsweise Erythropoetin für die Blutbildung, und ist der Abbauort von Peptidhormonen. Umgekehrt werden viele Nierenfunktionen durch Hormone gesteuert; über das in der Niere selbst gebildete Renin kann ein für ihre Durchblutung hinreichend hoher Blutdruck herbeigeführt werden.
Jedes Glomerulum bildet zusammen mit seiner Bowmanschen Kapsel ein Nierenkörperchen (Corpusculum renale Malpighii). Und jedes Malpighische Nierenkörperchen bildet zusammen mit dem zugehörigen Tubulus (deutsch: Nierenkanälchen) ein Nephron (von altgriechisch νεφρός nephros, deutsch ‚Niere‘) als kleinste funktionelle (morphologische, physiologische) Untereinheit der Niere von Menschen und anderen Wirbeltieren.[2]
Die funktionelle Grundeinheit der Niere ist das Nephron, das aus Nierenkörperchen und Nierenkanälchen besteht. Jede menschliche Niere verfügt über etwa eine Million Nephrone, und damit über ebenso viele Nierenkörperchen, Nierenknäuelchen und Nierenkanälchen.[3] Die Nierenkanälchen werden mitunter auch als Harnkanälchen beschrieben, weil in ihnen der Primärharn zum Sekundärharn (oder Endharn, Urin) konzentriert wird; analog werden die Nierenknäuelchen als Filterkörperchen erklärt.
Die prinzipielle Funktionsweise eines Nephrons lässt sich grob in zwei Prozesse unterteilen:
Im ersten Prozess, der im Nierenkörperchen stattfindet, wird aus dem Blut durch Querstromfiltration der Primärharn abgepresst. Bei dieser Filtration werden Bestandteile oberhalb einer bestimmten Größe, darunter die Blutkörperchen und größere Moleküle, zurückgehalten. Damit sind in dem Ultrafiltrat nur die niedermolekularen Bestandteile des Blutplasmas enthalten, darunter solche, die ausgeschieden werden sollen. Dieser Primärharn enthält aber auch – und überwiegend – zahlreiche Stoffe, die für den Körper wertvoll sind. Schon Galenos hat über die Nierenfiltration nachgedacht.[4] William Bowman bewies, dass Glomeruli und Tubuli eine funktionelle Einheit bilden.
In einem zweiten Prozess, der im Anschluss in den Nierenkanälchen abläuft, werden wertvolle Stoffe wie Zucker, Aminosäuren und Elektrolyte wieder kontrolliert in den Blutkreislauf zurückgeholt – resorbiert (Rückresorption). Weiterhin wird auch ein Großteil des abgefilterten Wassers resorbiert, das dem Körper nicht verloren gehen soll. Diese Vorgänge der Resorption laufen in verschiedenen Abschnitten des sich anschließenden, schlauchartigen Tubulussystems ab – und zusätzlich solche aktiver Sekretion von ausscheidungspflichtigen Substanzen in den Harn. Dieses Zusammenspiel von Rückresorption und Sekretion bezeichnet man als tubulären Transport; gewissermaßen entscheiden die Tubuli so über die Harnpflicht der einzelnen Elektrolyte. Die Nierenkanälchen konzentrieren den Primärharn somit zum Sekundärharn (Endharn), der sich im Nierenbecken (Pelvis renalis) sammelt – dem Beginn der Harnwege.
Von hier wird der Harn kontinuierlich über den Harnleiter (Ureter) zur Harnblase geleitet. Aus der Blase wird er gelegentlich über die Harnröhre (Urethra) ausgeschieden.
Pro Tag durchfließen bei einem erwachsenen Menschen etwa 1800 Liter Blut die Nieren (renaler Blutfluss), was etwa dem 300fachen des Blutvolumens des Körpers entspricht. Daraus filtern die beiden Organe täglich etwa 180 Liter Primärharn (glomeruläre Filtration), der auf weniger als zwei Liter Endharn (Urin) konzentriert wird.