Proteste in Hongkong 2019/2020

Proteste am 9. Juni 2019 in der Hennessy Road (Wan Chai) – Hongkong
Verwelkte Bauhinia-Blüte; eines der Symbole der Demokratiebewegung

Im Sommer 2019 brachen in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong Massenproteste gegen die Peking-nahe Regierung unter Carrie Lam aus. Anlass war ein vorgeschlagenes Gesetz über flüchtige Straftäter und Rechtshilfe in Strafsachen, das u. a. Auslieferungen von Häftlingen an die Volksrepublik China ermöglichen sollte. Die Gegner dieses Gesetzesentwurfs befürchten, dass damit das liberale Rechtssystem Hongkongs, das bisher im Rahmen des Prinzips Ein Land, zwei Systeme weitgehend unabhängig von dem der autoritären Volksrepublik ist, ausgehöhlt würde.[1] An den darauffolgenden, von der Civil Human Rights Front (CHRF) organisierten Demonstrationen u. a. am 9. und 16. Juni sowie am 18. August 2019 nahmen jeweils weit über eine Million Menschen teil; und damit circa 13 bis 27 Prozent der Hongkonger Bevölkerung. Mehrere Demonstrationen von ausländischen Hongkongern und Einheimischen fanden auch an anderen Orten statt.[2][3] Bei den symbolisch wichtigen Kommunalwahlen im November 2019 konnte das Pro-Demokratie-Lager einen Erdrutschsieg gegenüber den Peking-nahen Parteien verzeichnen. Dies gilt als deutliche Bestätigung, dass auch eine große Mehrheit der Hongkonger Bevölkerung hinter den Protesten steht.[4][5]

Die Proteste gelten als die umfangreichsten seit der am 4. Juni 1989 blutig niedergeschlagenen Demokratiebewegung in Peking (Tian’anmen-Massaker) sowie der Regenschirmbewegung 2014 und als die schwerste politische Krise Hongkongs seit der Übergabe der Stadt an die Volksrepublik China im Jahr 1997.[6][7] Waren die Demonstrationen zu Beginn noch weitestgehend friedlich, entwickelten sie sich, nicht zuletzt aufgrund des harten Vorgehens der Polizei gegen Demonstranten, sowie expliziten Drohungen mit militärischer Gewalt vonseiten der chinesischen Zentralregierung, zunehmend zu einem gewaltsamen Volksaufstand.[8][9] Forderungen der Wortführer der Demonstrationen, darunter etwa der Student Joshua Wong, sind neben der vollständigen Rücknahme des Auslieferungsgesetzes (zwischenzeitlich am 23. Oktober 2019 geschehen[7][10]) eine allgemeine, freie und gleiche Wahl des Regierungschefs, der Rücktritt der Amtsinhaberin Lam, eine unabhängige Untersuchungskommission zu Polizeigewalt, sowie die Freilassung politischer Gefangener. Über allem steht außerdem die Furcht vor einer weiteren, schrittweisen Eingliederung Hongkongs in das chinesische Rechts- und Staatssystem, die spätestens mit Ablauf der in der chinesisch-britischen gemeinsamen Erklärung vereinbarten Übergangsphase im Jahre 2047 geschehen soll. Mit dem am 30. Juni 2020 in Kraft getretenen Gesetz über die nationale Sicherheit, das oppositionelle Handlungen unter Strafe stellt, sieht das Demokratielager diese Befürchtungen in schlimmster Weise bestätigt.

  1. Hong Kong democrats urge leader Carrie Lam to drop extradition law plans entirely and resign; Sunday protest to proceed – Hong Kong Free Press HKFP. In: hongkongfp.com. 15. Juni 2019, abgerufen am 16. Juni 2019 (englisch).
  2. Hong Kong: RSF and NGO coalition demand bill threatening journalists to be withdrawn | Reporters without borders. 11. Juni 2019, abgerufen am 18. August 2019 (englisch).
  3. Man-kei Tam (Amnesty International Hong Kong), Law Yuk Kai (Hong Kong Human Rights Monitor), Sophie Richardson (Human Rights Watch): OPEN LETTER REGARDING PROPOSED CHANGES TO HONG KONG’S EXTRADITION LAW. (PDF) 6. Juni 2019, abgerufen am 18. August 2019 (englisch).
  4. Emma Graham-Harrison, Verna Yu: Hong Kong voters deliver landslide victory for pro-democracy campaigners. In: The Guardian. 25. November 2019, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 26. November 2019]).
  5. Keith Bradsher, Austin Ramzy, Tiffany May: Hong Kong Election Results Give Democracy Backers Big Win. In: The New York Times. 24. November 2019, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 26. November 2019]).
  6. Proteste in Hongkong reißen nicht ab. In: Orf.at, 15. Juni 2019, abgerufen am 14. Juli 2019.
  7. a b Hong Kong formally scraps extradition bill that sparked protests. In: bbc.com. BBC News, abgerufen am 27. Oktober 2019 (englisch).
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  9. Anhaltende Proteste: Demonstranten in Hongkong legen Berufsverkehr lahm. In: wiwo.de. Wirtschaftswoche, abgerufen am 15. November 2019.
  10. Hong Kong extradition bill 'is dead' says Carrie Lam. In: bbc.com. BBC News, 9. Juli 2019, abgerufen am 27. Oktober 2019 (englisch).

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