Religion (von lateinisch religio ‚gewissenhafte Berücksichtigung, Sorgfalt‘, zu lateinisch relegere ‚bedenken, achtgeben‘, ursprünglich gemeint ist „die gewissenhafte Sorgfalt in der Beachtung von Vorzeichen und Vorschriften“)[1] ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Weltanschauungen, deren Grundlage meist der jeweilige Glaube an bestimmte transzendente (überirdische, übernatürliche, übersinnliche) Kräfte[2] sowie häufig auch an heilige Objekte darstellt.[A 1] Im deutschen Sprachraum wird der Begriff Religion zumeist sowohl für die individuelle Religiosität als auch für die kollektive Religionstradition verwendet.[A 2]
Die Lehren einer Religion sind meist nicht beweisbar im Sinne der Wissenschaftstheorie, sondern beruhen auf dem Glauben an Mitteilungen bestimmter Vermittler (Religionsstifter, Propheten, Schamanen) oder an intuitive und individuelle Erfahrungen. Solche spirituellen Mitteilungen oder Erfahrungen werden in vielen Religionen als Offenbarung bezeichnet. Skeptiker und Religionskritiker suchen demgegenüber allein nach kontrollierbarem Wissen durch rationale Erklärungen.
Religion kann wie auch andere Weltanschauungen Wertvorstellungen normativ beeinflussen, menschliches Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen prägen, und in diesem Zusammenhang eine Reihe von ökonomischen, politischen und psychologischen Funktionen erfüllen.[3] Diese umfassenden Eigenschaften von Religion bergen in sich das Risiko der Bildung religiöser Ideologien.[4]
In der Religionswissenschaft nimmt man heute nicht mehr an, dass Religion ein Phänomen sei, das in allen Kulturen und Zeitaltern anzutreffen sei und daher ein menschliches Grundbedürfnis wäre. Vielmehr gilt der Religionsbegriff in der heutigen Ausformung als modernes Konzept.[5] Während unterschiedliche Wissenschaftler die Entstehung des Religionsbegriffes in der heutigen Bedeutung erst in die Mitte des 19. Jahrhunderts datieren,[6][7][8] nehmen andere bereits für das 18. oder 17. Jahrhundert eine Konsolidierung des Begriffes an. Es ist darum problematisch, vor dieser Zeit von „Religion“ zu sprechen. Dennoch lassen sich in vormodernen Kulturen fast ausnahmslos Phänomene finden, die mit dem modernen Begriff „Religion“ zu beschreiben sind.[9] Weiterhin berufen sich heutige religiöse Weltanschauungen und Sinngebungssysteme oft auf lange Traditionen.
Die weltweit größten Religionen sind nach der Zahl der Anhänger, Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Daoismus, Sikhismus, Jüdische Religion, Bahaitum und Konfuzianismus[Anm. 1] (siehe auch: Liste von Religionen und Weltanschauungen). Religionen, deren Verbreitung nicht auf bestimmte Kulturen und Regionen begrenzt ist, gelten als Weltreligionen. Die Anzahl und der Formenreichtum der historischen und gegenwärtigen Religionen übersteigt Anzahl und Formenreichtum der Weltreligionen bei weitem. Eine umfassende Systematisierung der Religionen, die die Entwicklungen sowie Einflüsse verschiedener Religionen aufeinander in ihrer Gesamtheit darstellt, wurde in der Religionswissenschaft zwar gefordert, konnte aber weder für Weltreligionen noch für die unüberschaubare Vielzahl anderer Religionen überzeugend vorgelegt werden[10] und wurde in der Religionswissenschaft weitgehend aufgegeben.
Einige Religionen beruhen auf philosophischen Systemen im weitesten Sinne oder haben solche rezipiert. Andere sind stärker politisch, teils theokratisch orientiert; wieder andere gründen in der Hauptsache auf spirituellen Aspekten. Mehrere Religionen weisen verwandte Elemente auf, wie die Kommunikation mit transzendenten Wesen im Rahmen von Heilslehren, Symbolsystemen, Kulten und Ritualen oder bauen aufeinander auf, wie zum Beispiel Judentum und Christentum. Überschneidungen finden sich in nahezu allen Religionen und insbesondere bei deren Rezeption und Ausübung durch den einzelnen Menschen. Zahlreiche Religionen sind als Institutionen organisiert; dabei kann in vielen Fällen von einer Religionsgemeinschaft gesprochen werden.
Mit der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen und (z. T.) Religiosität befassen sich besonders die Religionswissenschaft, Religionsgeschichte, Religionssoziologie, Religionsethnologie, Religionsphänomenologie, Religionspsychologie, Religionsphilosophie sowie in vielen Fällen Teilgebiete der jeweiligen Theologie. Konzepte, Institutionen und Erscheinungsformen von Religion werden durch Formen der Religionskritik punktuell oder grundsätzlich in Frage gestellt.
Das Adjektiv „religiös“ bezeichnet je nach Kontext „den Bezug zu (einer bestimmten) Religion“ oder „den Bezug zur Religiosität eines Menschen“.
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