Jugoslawien Sozialistische Föderative RepublikJugoslawien (bis 1990/1992) Bosnien und Herzegowina 1992Bosnien und Herzegowina[1] (1992–1995) Bosnisch, Kroatisch, Serbisch und Montenegrinisch sind Amtssprachen in Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Serbien, Nordkosovo und Montenegro
Erstmals wurde der Begriff Serbokroatisch im Jahr 1824 von Jacob Grimm im Vorwort seiner Übersetzung der Kleinen Serbischen Grammatik von Vuk Stefanović Karadžić erwähnt.[4] Einige Jahre später, 1836, wurde dieser Ausdruck erneut vom PhilologenJernej Kopitar in einem Brief benutzt. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Serbokroatisch die offizielle gemeinsame Standardsprache der Serben, Kroaten, Bosniaken und Montenegriner.[5] Diese Entwicklung wurde von den Behörden Österreich-Ungarns gefördert, vor allem von den Kroaten aber auch teilweise abgelehnt. 1907 wurde in Bosnien als erstem Balkanland offiziell die „serbo-kroatische Sprache“ (srpsko-hrvatski jezik) als Amtsbezeichnung in Schulen und öffentlichen Institutionen eingeführt. In ganz Jugoslawien wurde diese Bezeichnung erst 1954 nach dem Abkommen von Novi Sad eingeführt.[6] Nach dem Zerfall Jugoslawiens war Serbokroatisch von 1992 bis 1995 noch die Amtssprache der Republik Bosnien und Herzegowina,[1] bevor sich auch hier wie in den übrigen Nachfolgestaaten die betreffenden Sprachstandards aus politisch motivierten Gründen auseinanderentwickelten, was durch die konsequente Anwendung der eigenständigen Bezeichnungen Kroatisch, Serbisch, Bosnisch und Montenegrinisch unterstrichen wurde.
Der Status der Standardvarietäten des Serbokroatischen als voneinander unabhängiger Sprachen ist sprachwissenschaftlich umstritten.[2][7][8][9][10][11] Während einige Autoren von leicht voneinander abweichenden Realisierungen einer Makrosprache[12] und somit einem einheitlichen Sprachsystem[13] ausgehen, betonen andere die dialektale Unterschiedlichkeit und die Notwendigkeit eines politischen Willens zur Vereinheitlichung, der zurzeit nicht gegeben ist.[10][11] Die Lage der serbokroatischen Sprache entsprach in der Soziolinguistik ungefähr der Situation der englischen Sprache (britische, amerikanische, kanadische, neuseeländische und australische Variante) und der deutschen Sprache (deutsche, österreichische und schweizerische Variante).[14]
↑ abUstav RBiH.pdf. (PDF) Fondacija Centar za javno pravo, 14. März 1993, abgerufen am 29. März 2017: „U Republici Bosni i Hercegovini u službenoj upotrebi je srpskohrvatski odnosno hrvatskosrpski jezik ijekavskog izgovora.“
↑ abDaniel Bunčić: Die (Re-)Nationalisierung der serbokroatischen Standards. In: Sebastian Kempgen (Hrsg.): Deutsche Beiträge zum 14. Internationalen Slavistenkongress. Ohrid, 2008 (= Welt der Slaven). Otto Sagner, München 2008, OCLC238795822, S.93.
↑Aldo Zanelli: Eine Analyse der Metaphern in der kroatischen Linguistikfachzeitschrift „Jezik“ von 1991 bis 1997 (= Studien zur Slavistik. Band41). Dr. Kovač, Hamburg 2018, ISBN 978-3-8300-9773-0, S.20–21: „Es kann mit Recht angenommen werden, dass es sich immer noch um eine plurizentrische Sprache handelt, da die Sprachstruktur auch nach 1990 nicht nennenswert verändert wurde.“
↑Nedad Memić: „Diese Worte sind bereits gang und gäbe.“ Zur Internationalisierung des bosnischen Wortschatzes nach der k. u. k. Okkupation. In: Clemens Ruthner, Tamara Scheer (Hrsg.): Bosnien-Herzegowina und Österreich-Ungarn 1878–1918: Annäherung an eine Kolonie. Narr Francke Attempto Verlag, Tübingen 2018, S. 359–372, hier S. 363; Alojz Ivanšević: Getrennt durch die „gemeinsame Sprache“. Sprache als Politikum in kroatisch-serbischen Beziehungen und Konflikten vor der Entstehung Jugoslawiens. In: Wolfgang Müller, Michael Portmann, Marija Wakounig (Hrsg.): Nation, Nationalitäten und Nationalismus im östlichen Europa. Festschrift für Arnold Suppan zum 65. Geburtstag. LIT Verlag, Wien 2010, S. 307–330, hier S. 328.
↑Snježana Kordić: Nationale Varietäten der serbokroatischen Sprache. In: Biljana Golubović, Jochen Raecke (Hrsg.): Bosnisch – Kroatisch – Serbisch als Fremdsprachen an den Universitäten der Welt (= Die Welt der Slaven, Sammelbände – Sborniki). Band31. Sagner, München 2008, ISBN 978-3-86688-032-0, S.93–102 (irb.hr [PDF; 1,3MB; abgerufen am 2. August 2010]).
↑Bernhard Gröschel: Das Serbokroatische zwischen Linguistik und Politik. Mit einer Bibliographie zum postjugoslavischen Sprachenstreit (= Lincom Studies in Slavic Linguistics. Band34). Lincom Europa, München 2009, ISBN 978-3-929075-79-3, S.148, 344, 349.
↑Enisa Kafadar: Bosnisch, Kroatisch, Serbisch – Wie spricht man eigentlich in Bosnien-Herzegowina? In: Beate Henn-Memmesheimer, Joachim Franz (Hrsg.): Die Ordnung des Standard und die Differenzierung der Diskurse. Teil 1. Peter Lang, Frankfurt am Main 2009, OCLC699514676, S.103 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abKeith Langston, Anita Peti-Stantić: Language Planning and National Identity in Croatia. Hrsg.: Palgrave Studies in Minority Languages and Communities, Gabrielle Hogan-Brun. Palgrave Macmillan, Houndmills, New York 2014, ISBN 978-1-349-48269-6, S.33 (springer.com [PDF; abgerufen am 28. August 2020]).: „...Where no such desire for a common linguistic- cultural identity exists, there can be no justification for insisting on the existence of a polycentric standard language as opposed to two or more independent standard languages. This, we argue, is the case with Croatian and other closely related standard varieties previously subsumed under the label ‘Serbo-Croatian’. ...“
↑Lewis, M. Paul (ed.), 2009. Ethnologue: Languages of the World, Sixteenth edition. Dallas, Tex.: SIL International. ISBN 978-1-55671-216-6., Poglavlje Serbo-Croatian : A macrolanguage of Serbia (ISO 639-3: hbs)
↑John Frederick Bailyn: To what degree are Croatian and Serbian the same language? Evidence from a Translation Study. In: Journal of Slavic Linguistics. Band18, Nr.2, 2010, ISSN1068-2090, S.181–219 (stonybrook.edu [PDF; abgerufen am 11. Oktober 2019]): „An examination of all the major 'levels' of language shows that BCS is clearly a single language with a single grammatical system.“online (Memento des Originals vom 9. Oktober 2019 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/linguistics.stonybrook.edu
↑Nina Janich, Albrecht Greule (Hrsg.): Sprachkulturen in Europa. Ein internationales Handbuch. Gunter Narr Verlag, Tübingen 2002, S. 261.
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