Silas Marner

Titelseite der Erstausgabe von 1861

Silas Marner. Der Weber von Raveloe ist ein 1861 veröffentlichter Roman der Autorin George Eliot, der zusammen mit Middlemarch als ihr wichtigster gilt.[1] In ihm klingen die Erlebnisse der Autorin, zum Beispiel die ihrer Jugend im ländlichen Mittelengland nahe Coventry, ihrer eigenen Glaubensentwicklung und der später gesellschaftlich erzwungenen Kinderlosigkeit, zwar an, werden aber mehrfach künstlerisch verwandelt.[2]

Silas Marner wird nach einer konstruierten Beschuldigung wegen Diebstahls aus seiner calvinistischen Sekte ausgeschlossen. Nach dieser spirituellen Enttäuschung zieht er aus der Stadt in die Nachbarschaft des Dorfes Raveloe und konzentriert sich verbittert auf seine einsame Arbeit und die Vermehrung seiner Ersparnisse, die ihm eines Abends aus seiner Hütte gestohlen werden. Nachdem in einer der folgenden Winternächte ein zweijähriges Mädchen, deren Mutter in der Nähe stirbt, zu seiner Hütte gelangt, beginnt er sich um das Kind zu kümmern, was ihn optimistisch und glücklich stimmt. Infolge seiner Rolle als Eppies Pflegevater wird er mehr und mehr in das soziale Netz des Dorfes hineingezogen und entwickelt eine neue Sichtweise auf die dörfliche Gemeinschaft, die umgebende Natur und sein eigenes Leben.[3]

Neben Middlemarch gilt Silas Marner der Kritik „als das vollkommenste Werk der Autorin.“ Für Henry James war Eliot vor allem die Autorin von „Silas Marner und Middlemarch.[4] „Die Zartheit der Imagination und des Humors und die große Einfachheit der Erfindung“ machen diesen Entwicklungsroman zu einer „perfekten Geschichte“, einem „herrlichen kleinen Buch“.[5]

  1. George Eliot: Silas Marner. Der Weber von Raveloe. Roman. Aus dem Englischen von Elke Link und Sabine Roth. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999, ISBN 3-423-12604-3.
  2. Gerber, S. 167 f., sieht das hohe künstlerische Niveau Eliots gerade darin, dass sie Parallelen zu ihrer eigenen Lebensgeschichte „in einer Handlung um einen Mann ohne vergleichbare weibliche Gegenspielerin objektiviert“ und verallgemeinert. Diese Figurenwahl ist tatsächlich nur erzählerische Strategie und nicht weibliche Misogynie, da Eliot weibliche Figuren massive Kritik an Männern üben lässt: Dolly Winthrop etwa „ordnete das starke Geschlecht in die Reihe der Tiere ein, die von Natur widerspenstig zu machen dem Himmel gefallen hatte, so wie Stiere oder Truthähne“ und Priscilla, Nancys Schwester, nervt das „Getue von früh bis spät“ und versichert: „Gevatter Selbständig ist der beste Ehemann von allen.“ dtv 1999, S. 113, 130 f. Ob Eliot vielleicht einer frühen Form des Feminismus zuzuordnen ist, wird dagegen mit Bezug auf ihren Roman Middlemarch diskutiert.
  3. Nachdem zweimal Diebstähle Silas Lebenskonzepte zusammenstürzen lassen, hat er beim dritten Mal Glück: „third time lucky“, zitiert Leavis, S. 26 f., die englische Redewendung.
  4. Leavis S. 11.
  5. „Die Menschlichkeit der Launen und des Humors und die überzeugende Einfachheit der Erzählung machen Silas Marner zu einer perfekten Geschichte.“ (The tenderness of fancy and humour and the strong simplicity of invention make Silas Marner a perfect story.) George Sampson: The Concise Cambridge History of English Literature, Cambridge University Press, 1975, S. 637. Das „herrliche kleine Buch“ bei Seibt (siehe Weblinks). „In der Erzählung gibt es keine überflüssige Zeile und das Buch hat einen für die großen viktorianischen Erzähler seltenen Zauber.“ (There is not a superfluous line in the narrative and the book has charm, a quality rarely found in the work of the great Victorian novellists) Stapleton, S. 809. „Es gibt so viele Bedeutungen in Silas Marner, dass es überrascht, wie sie alle in diesem kurzen Text Platz gefunden haben; es ist ein Kunststück, sie in solcher Ordnung und Poesie, mit solchem Zauber und Witz zu verbinden.“ (There are so many meanings in Silas Marner that it is surprising there was room in such a short space for them all; it is a feat to have wrapped them up with such neatness, charm, poetry and wit.) Q. D. Leavis, Introduction and Notes, in: George Eliot. Silas Marner. The Weaver of Raveloe, 1967, S. 42.

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