Silbe

Die Silbe (von lateinisch syllaba aus altgriechisch συλλαβή syllabḗ „Zusammenfassung, Silbe“) ist in der Sprachwissenschaft eine Einheit aus einem oder mehreren aufeinanderfolgenden Lauten, die in einem Zug vom Gehirn geplant und ausgesprochen wird. Die Silbe stellt also die kleinste Lautgruppe im natürlichen Sprechfluss dar, die selbständig vorkommen kann.

Die Silbe bildet eine rein lautliche Einheit, unabhängig von anderen Aspekten der Grammatik oder Aspekten der Bedeutung. Daher deckt sich die Einteilung eines Wortes in Silben häufig nicht mit der Einteilung nach Funktionseinheiten (also Morphemen). Die Unterscheidung dieser verschiedenen Ebenen der Wortgliederung ist aber in älteren Terminologien verwischt, da Morpheme auch als Sprachsilben bezeichnet wurden; hierdurch kam es zu missverständlichen Bezeichnungen wie „Vorsilbe“ und „Nachsilbe“, mit denen Morpheme gemeint sind (siehe die ausführliche Diskussion in den Artikeln Präfix bzw. Suffix). Die im hier vorliegenden Artikel beschriebene Silbe im engeren bzw. modernen Sinn wird dann zur Abgrenzung auch als Sprechsilbe bezeichnet.

Zusätzlich wird manchmal auch eine Schreibsilbe definiert.[1] Der Zusammenhang zur Schreibung besteht darin, dass die Unterteilung in Sprechsilben als Basis für die Worttrennung am Zeilenende dient, welche durch einen Trennstrich gekennzeichnet wird (beispielsweise Sil-be, lus-tig, wa-rum). Orthografien unterscheiden sich aber darin, wie strikt die Worttrennung auf der Einteilung in Sprechsilben beruht.

Die Silbe hat einen strukturierten inneren Aufbau, der in der Phonologie untersucht wird. Die Silbenstrukturen können sich je nach Sprache unterscheiden, aber einige Eigenschaften gelten universell: Eine Silbe muss immer genau einen Silbenkern enthalten; zusätzlich können ein oder mehrere Konsonanten die Ränder der Silbe bilden. Phonetisch gesehen ist der Silbenkern der Laut mit der größten Sonorität (Schallfülle) in der Silbe. Das ist meistens ein Vokal oder Doppelvokal (Diphthong).

Manchmal können aber auch Konsonanten in der Funktion des Silbenkerns auftreten. Beispielsweise erlaubt das Deutsche in unbetonten Silben auch „klingende“ (sonore) Konsonanten wie Nasale oder Liquiden, etwa in Laden in der Aussprache [ˈlaːdn̩] (neben der Variante [ˈlaːdən]). Wenn der Murmelvokal Schwa ([ə]) entfällt und der Konsonant [n] den Kern der Silbe bildet, spricht man auch von einem silbischen Konsonanten. Andere Sprachen können auch in betonten Silben bestimmte Konsonanten als Silbenkern haben, z. B. das Tschechische wie in dem berühmten Beispielsatz Strč prst skrz krk ‚Steck den Finger durch den Hals‘.

Die Betonung ist eine wichtige Eigenschaft von Silben im Zusammenhang größerer Strukturen (prosodischer Strukturen): Silben werden zu Betonungsgruppen zusammengefasst (metrischer Fuß, phonologisches Wort). In der Poesie, d. h. Lyrik und anderen Versdichtungen, konstituiert in manchen Sprachen wie dem Deutschen der Wechsel aus betonten und unbetonten Silben das Versmaß. In diesem Zusammenhang wird in der Verslehre (Metrik) eine vom Metrum geforderte betonte Silbe als Hebung, eine unbetonte als Senkung bezeichnet. Diese Begrifflichkeit wird im übertragenen Sinn auch auf quantitierende Verse der antiken Metrik (Verslehre) angewendet. Als Hebung werden hier diejenigen langen Silben bezeichnet, die nicht kurze Silben vertreten, als Senkung die kurzen Silben und die sie ersetzenden langen Silben.

  1. Peter Eisenberg: Die Schreibsilbe im Deutschen. In: Schriftsystem und Orthographie. 1989, S. 57–84.

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