Slowinzen

Freilichtmuseum Slowinzisches Dorf in Kluki
Karte der kaschubischen Dialekte. Die im 20. Jahrhundert ausgestorbenen lebakaschubischen Dialekte (2 und 3) und Slowinzisch (1) sind schraffiert.
Karte kaschubischer Bevölkerungsanteile nach dem Lemberger Kaschubologen Stefan Ramułt 1899. Die evangelisch-lutherischen Sprecher im Nordwesten, in Hinterpommern wurden seit dem 19. Jahrhundert oft als „Slowinzen“ klassifiziert.

Die Slowinzen oder Slovinzen (slowinzisch Slɵvjĩnstvɵ; Sg. masc. Slɵvjĩnc, Sg. fem. Slɵvjĩncă[1]; kaschubisch Słowińcë; polnisch Słowińcy) waren ein westslawisches Volk (Ethnie), das im Slowinzischen Küstenland in Hinterpommern lebte. Ihr Siedlungsgebiet befand sich etwa zwischen den Städten Stolp (Słupsk) und Leba (Łeba), heute zur polnischen Woiwodschaft Pommern gehörig. Entgegen früheren Vermutungen ist die Selbstbezeichnung wahrscheinlich nicht sehr alt, sondern eine Übernahme der Fremdbezeichnung Slawen; ältere, dominierende Selbstbezeichnung war Kaschuben.

Etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im weiteren Sinne alle evangelischen Slawen/Kaschuben im Osten Hinterpommerns, die sich religiös-kulturell von den römisch-katholischen Kaschuben in Westpreußen, vorher Pommerellen unterschieden, als Slowinzen bezeichnet, seltener auch als Lebakaschuben. Im engeren, linguistisch genauer unterscheidenden Sinne wurden dagegen nur die vom Kaschubischen deutlich abweichenden Dialekte südlich des Garder Sees bis zum Südwestufer des Lebasees als Slowinzisch bezeichnet und deren Sprecher als Slowinzen, weil hier die Selbstbezeichnung auch häufiger war. Ob sie eine Gruppe besonderer Dialekte der kaschubischen Sprache oder eine eigene slowinzische Sprache bildeten, wird verschieden eingeordnet. Die ebenfalls evangelischen Sprecher der Dialekte weiter östlich in Hinterpommern, die eindeutig zu den kaschubischen Dialekten gehörten, wurden in dieser genaueren Einteilung als Lebakaschuben von den Slowinzen unterschieden.

Bereits seit dem 16./17. Jahrhundert wurden die slowinzischen und lebakaschubischen Dialekte schrittweise von der deutschen bzw. niederdeutschen Alltagssprache verdrängt, die Sprecher gingen also zum Deutschen über und wurden in die deutsche Bevölkerung assimiliert. Mitte des 19. Jahrhunderts waren sie schon auf voneinander isolierte Rückzugsgebiete beschränkt, Slowinzisch in Dörfern der heutigen Gmina Smołdzino (Landgemeinde Schmolsin), Lebakaschubisch in mehreren kleinen, voneinander getrennten Restgebieten; in den Nachbardörfern sprachen nur noch ältere Menschen die Dialekte. 1913 beherrschten auch in diesen Dörfern nur noch ältere Menschen die Dialekte vollständig, mittlere Generationen nur unvollständig oder verstanden sie nur noch passiv und die jüngste Generation beherrschte nur noch Deutsch. Die letzten voll kompetenten Slowinzisch-Sprecher starben wahrscheinlich um den Zweiten Weltkrieg oder kurz danach in Kluki (Klucken), die letzten Lebakaschubisch-Sprecher schon eher, vor dem Ersten Weltkrieg oder kurz danach.

  1. Eintrag im „Slowinzischen Wörterbuch“ von Friedrich Lorentz: Das ɵ ähnelt dem ö, siehe gerundeter halbgeschlossener Zentralvokal. Die Tilde zeigt bei Lorentz einen langen Vokal. Das ă ähnelt dem kurzen ä, siehe Schwalaut und das c entspricht wie in allen slawischen Sprachen in Lateinschrift dem deutschen z. Zum System der Slowinzisch-Lautschrift von Lorentz, vgl. „Slowinzische Grammatik“, S. 13–16 (scan 40–43).

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