Vulgata-Zyklus

Meister Gautier Map erhält von Eleonore von Aquitanien und Heinrich II. den Auftrag, den Vulgata-Zyklus abzuschließen.[1]
Handschrift-Miniatur, 1275–1280.[2]
Königin Guenièvre und ihr Liebhaber Lancelot

Vulgata-Zyklus, kurz Vulgata (von lateinisch [versio] vulgata ‚allgemein bekannte, verbreitete [Fassung]‘[3]), ist in der romanischen Literaturwissenschaft der geläufige Titel eines umfangreichen altfranzösischen Prosaromans des 13. Jahrhunderts.

Dieser monumentale Prosaroman wird auch Lancelot-Gral-Zyklus, Pseudo-Map-Zyklus[4], Großer Gral-Zyklus oder (altfranzösischer) Prosalancelot[5] (auf Neufranzösisch: « Lancelot en prose ») genannt.[6]

Im Vulgata-Zyklus werden die aus der Historia Regum Britanniae von Geoffrey von Monmouth und dem Roman de Brut des anglonormannischen Dichters Wace bekannten Artussagen neu erzählt und um zahlreiche Details und Nebengeschichten ergänzt.

Den ersten Teil der Vulgata nehmen die weltlichen Abenteuer Lancelots du Lac ein, des tapfersten aller Artusritter. Seine bedingungslose, ehebrecherische Liebe zu Guenièvre, der Gemahlin des König Artus, ist den mittelalterlichen Lesern durch Chrétiens de Troyes dritten höfischen Roman, « Lancelot ou Le Chevalier de la Charrette » (deutsch „Lancelot, der Karrenritter“), bereits wohlbekannt.

Im zweiten Teil des Prosa-Lancelot-Gral-Zyklus, in der spirituellen « Queste », der Suche nach dem Heiligen Gral, tritt Lancelot in Percevals Spuren. Aber auch er scheitert in der Gralssuche ob seiner Sünden. Erst Lancelots Sohn, Galahad, der „Reine Ritter“, erweist sich als des Grals würdig. Lancelot hatte Galahad mit Elaine gezeugt, der Tochter des Fischerkönigs Pellès, welche durch Zauberkraft die Gestalt Guenièvres angenommen hatte, um Lancelot zu verführen.

Der Zyklus endet mit der (altfranzösisch) « Mort Le Roi Artu » (König Artus’ Tod), mit dem Tod aller Helden, mit dem Untergang der Tafelrunde.

Die Vulgata ist die Hauptquelle der in der englischsprachigen Welt wirkmächtigen Zusammenstellung des Artusstoffs in Le Morte Darthur durch Thomas Malory im 15. Jahrhundert.

  1. Der Schlussteil des Zyklus wird den Titel « La mort le reis arturs » tragen. Laut dem Explicit (in Versform) „Folium 264rb“ (BnF, fr. 123).
  2. Das korrekte Blatt ist „Folium 229r“ (BnF, fr. 123). Incipit von « La Mort le Roi Artur »: « Aprés ceo ke mestre Gautier Map out treité des aventures du seint Graal assez souffisaument, si com il li fut avis, si fu avis au rei Henri, son seignour, ke ceo k’il aveit fet ne deveit pas souffire, s’il ne raconteit la fin de ceus de ki il aveit fet devaunt mention […] – […] Si comença mestre Gautier en teu manière ceste derniere partie ». Meister Gautier Map wird den Schlussteil laut dieser Handschriftf. 229r « la mort le reis arturs » nennen.
  3. Siehe H. Oskar Sommer (Hrsg.): The Vulgate Version of the Arthurian Romances. Edited from Manuscripts in the British Museum. 7 Bände und 1 Index-Band. Carnegie Institution of Washington, Washington 1909–1916.
  4. Aufgrund einer Pseudepigraphie wurde der Lancelot-Gral-Zyklus bis Anfang des 20. Jahrhunderts dem walisischen Kompilator Gautier Map zugeschrieben.
  5. Achtung Verwechslungsgefahr! Der altfranzösische Prosalancelot, « Lancelot en prose », darf nicht mit dem „mittelhochdeutschen Prosalancelot“ verwechselt werden!
  6. Ulrich Mölk (Hrsg.; literarhistorische Einf.), Irmgard Fischer (kodikologische Beschreibung): Lancelot en prose: Bonn, Universitätsbibliothek, Handschrift S 526 (= Codices illuminati medii aevi. 28). Edition Lengenfelder, München 1992, ISBN 3-89219-028-3 (omifacsimiles.com [PDF; 530 kB]).

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