Wakan oder Wakon (waˈkʰɑːŋ̍) ist ein Wort aus den Sioux-Sprachen der nördlichen Lakota/Nakota/Dakota,[1] der südlichen Dhegiha-Sioux[2] (Kansa, Omaha, Osage, Ponca, Quapaw) sowie der verwandten Oto, Iowa und Missouri-Indianer[3] und bedeutet „wunderbar“, „unbegreiflich“ oder „geheimnisvoll“.
In den traditionellen Religionen dieser Siouxvölker hatte der Begriff ursprünglich verschiedene Bedeutungen:[2]
- Wakan war eine geheimnisvolle Lebens- oder Schöpferkraft, die alle Naturerscheinungen und Vorgänge hervorbringt, durchdringt und miteinander verbindet; beziehungsweise in den unterschiedlichsten Formen erscheint (→ Animismus).
- Wakan war auch eine moralische Instanz, die Tabuverstöße bestrafte (vergleiche: Herr der Tiere).
- Alles, was schwer zu verstehen war, beziehungsweise über herausragende oder ungewöhnliche Eigenschaften verfügte, wurde mit wakan assoziiert. Nahrung, Medizin und alles, was das Wunder des Lebens offenbart (wie kleine Kinder oder alte Bäume) war herausragend; ungewöhnlich erschienen etwa die ersten Pferde, die Šunka wakan („mysteriöser Hund“) genannt wurden, oder der Alkohol Mni wakan („geheimnisvolles Wasser“).
- Wakan hießen einige übernatürliche Geistwesen, die zum Teil vage menschenähnliche Züge trugen (→ Anthropomorphismus).
Das Wakan-Konzept entspricht im Kern dem Manitu-Konzept der Algonkin-Völker, das ebenfalls sowohl Kraft als auch (ein oder mehrere) Geistwesen sein kann. Anders als etwa beim Orenda der Irokesen konnten Menschen nicht über diese Kraft verfügen, sie sammeln oder vermehren. Dafür gab es zusätzlich zu wakan bei den südlichen Sioux die Kräfte xube beziehungsweise maxpe bei den Mandan und Absarokee, die durch bestimmte rituelle Handlungen vermehrt oder auf Gegenstände (siehe auch: Medizinbeutel) übertragen werden konnten. Bei den Mandan nutzte sich diese Kraft im Laufe der Zeit ab, so dass es im Interesse der Menschen war, neue Kraft zu „tanken“.[2]
- ↑ Jessica Dawn Palmer: The Dakota Peoples: A History of the Dakota, Lakota and Nakota through 1863. McFarland, Jefferson (USA)/London (GB) 2008, ISBN 978-0-7864-3177-9. S. 12, 166, 190, 199. (Anm.: „Dakota language“ steht hier für die drei nördlichen Sioux-Sprachen).
- ↑ a b c Christian F. Feest: Beseelte Welten – Die Religionen der Indianer Nordamerikas. In: Kleine Bibliothek der Religionen. Band 9. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1998, ISBN 3-451-23849-7. S. 79–82.
- ↑ Stichwort Wakon im English-Russian dictionary of regional studies, abgerufen am 11. Dezember 2015.