Zeitkonstante

Die Zeitkonstante (mit dem Formelzeichen (griech. tau) oder ) ist eine charakteristische Größe eines linearen dynamischen Systems, das durch eine gewöhnliche Differentialgleichung oder durch eine zugehörige Übertragungsfunktion beschrieben wird. Sie hat die Dimension einer Zeit; ihre Maßeinheit ist meist die Sekunde.

Funktionsbild eines PT1-Gliedes
nach einem Eingangssprung.

Ein dynamisches System ist eine Funktionseinheit zur Verarbeitung und Übertragung von Signalen; die Systemeingangsgröße ist als Ursache und die Systemausgangsgröße als zeitliche Auswirkung definiert. Typische Eingangssignale zur Prüfung des Systemverhaltens sind die Impulsfunktion, Sprungfunktion und Anstiegsfunktion.

In der Elektrotechnik ist das Zeitverhalten eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung (z. B. eines RC-Glied-Tiefpasses) mit einer Sprungantwort mit exponentiellem asymptotischem Verlauf allgemein bekannt. Dabei bestimmt die Zeitkonstante den zeitlichen Verlauf. Nach Ablauf einer Zeit von ca. 3 Zeitkonstanten hat das Ausgangssignal ca. 95 % der Größe des Eingangssignals erreicht, wenn die Systemverstärkung ist.

Grundsätzlich hängt der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals eines Übertragungssystems beliebiger Ordnung von der Art des Übertragungssystems und des Eingangssignals ab und bezieht sich nicht nur auf Zeitverzögerungsglieder (-Glieder).

Der Begriff Zeitkonstante ergibt sich bei der Beschreibung eines linearen dynamischen Systems durch eine gewöhnliche Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten. Zur leichteren Berechnung des zeitabhängigen Systemverhaltens wird die systembeschreibende Differentialgleichung der Laplace-Transformation unterzogen und daraus das Signalverhältnis als Übertragungsfunktion gebildet.

Die Übertragungsfunktion in der Zeitkonstantendarstellung entsteht wie folgt:

  • Laplace-Transformation der gewöhnlichen Differentialgleichung höherer Ordnung,
  • Bildung der Übertragungsfunktion .
Die Polstellen und Nullstellen der Übertragungsfunktion sind die wichtigsten Kenngrößen des Systemverhaltens.
  • Faktorisierung der Polynome in die Pol-Nullstellendarstellung:
  • Umrechnung der Pol-Nullstellendarstellung durch Zahlenwerte der Pole und Nullstellen in die Zeitkonstantendarstellung,
  • Die Werte der Pole und Nullstellen eines Linearfaktors können drei Formen annehmen: null, negativ reell, negativ konjugiert komplex.
Damit können im Zähler und Nenner der Übertragungsfunktion insgesamt unterschiedliche Grundformen von Linearfaktoren und Faktoren 2. Ordnung mit unterschiedlichem Systemverhalten entstehen.
.

Die Zeitkonstante entspricht dem Koeffizienten vor der komplexen Laplace-Variable . Sie errechnen sich allgemein aus dem Reziprokwert einer negativen reellen Polstelle oder einer Nullstelle des Nennerpolynoms oder Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion als:[1]

bzw. .
  1. Autor: Jan Lunze / Regelungstechnik 1; Springer Vieweg, Berlin, 8. Auflage 2014, ISBN 978-3-642-53943-5; Hauptkapitel: Übertragungsfunktion, Unterkapitel: Zeitkonstanten der Übertragungsfunktion.

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